„Kirche sollte doch ein freundliches Gesicht haben“: Ulrike Seltmann, Gemeindesekretärin der Regionalgemeinde Sömmerda

Es ist ein ungewöhnlich ruhiger Vormittag im Gemeindebüro in Sömmerda. Ulrike Seltmann steht am Computer, unter dem dicken Holzbalken, und geht die aktuellen Mails durch. Rechnungen sind dabei, Terminankündigungen, Fragen von Gemeindemitgliedern.

Die Frau mit dem offenen, freundlichen Gesicht und der auffälligen Brille ist Gemeindesekretärin der Regionalgemeinde Sömmerda mit acht Ortsteilen und zehn Kirchen. „Ohne Ulrike wäre ich aufgeschmissen“, sagt Pfarrerin Juliane Baumann. „Sie hält den Laden hier zusammen.“

Büromaterial einkaufen, den Posteingang sichten und verteilen, an Sitzungen des Leitungskreises und des Gemeindekirchenrates teilnehmen, Beschlussvorlagen erstellen, Rechnungen kontrollieren, Mails und Briefe beantworten…Es ist eine lange Liste von Aufgaben. Und gerade das mag Ulrike Seltmann: die Vielfalt ihrer Arbeit. Ihr Steckenpferd ist alles, was mit Zahlen zu tun hat: „Ich liebe Zahlen. Das ist mir in die Wiege gelegt.“ Dazu gehört auch zu gucken: Wo können wir sparen? Muss es der Blumenstrauß für 20 Euro sein? Geht es nicht auch ein bisschen günstiger? Und sind Putzmittel nicht gerade im Angebot?

Die gebürtige Hallenserin und studierte Chemikerin kam vor 35 Jahren zusammen mit ihrem Mann aus Jena ins thüringische Sömmerda. Seit 2002 arbeitet die Katholikin im Gemeindebüro der evangelischen Regionalgemeinde – und will hier auch nicht mehr weg. Jeder Tag ist anders, sagt sie. Ich weiß eigentlich nicht, wenn ich morgens komme, was heute passiert.“

Da kann es auch schon mal vorkommen, dass jemand eigentlich nur den Gemeindebeitrag bezahlen möchte oder mit der Pfarrerin sprechen will, sagt Ulrike Seltmann. Und plötzlich ist sie mittendrin in einem sehr persönlichen Gespräch: „Wir haben hier schon zusammen geheult, zusammen gelacht. Das ist das Schöne.  Eine Frau wollte den Gemeindebeitrag bezahlen. Macht das auch und sagt: ‚Das hat ja sonst immer mein Mann gemacht. Aber der ist vor kurzem gestorben.‘ Dann fing sie an zu weinen und hat von ihrem Mann erzählt. Es ist oft so ein Verlust. ‚Ach, ich kann Ihnen das ja auch mal erzählen. Haben Sie einen Moment Zeit?‘ Und dann erzählen sie es halt.“

Die Gemeindesekretärin schickt niemanden weg. Auch Touristen nicht, die gerne mal einen Blick in die Bonifatiuskirche werfen möchten, gleich gegenüber vom Gemeindebüro. Dann schließt sie kurzerhand auf und lässt die Menschen hinein, zumindest oben auf die Empore: „Manch einer geht vielleicht rein in eine Kirche, erlebt die Menschen freundlich, entgegenkommend und sagt dann: ‚Ok, ich gucke noch mal genauer hin.‘ Ich will nicht missionieren, aber ein freundliches Bild vermitteln, das ist mir wichtig.“

Natürlich gibt es manchmal auch Ärger. Die Menschen gehen schneller an die Decke als früher, findet Ulrike Seltmann, sie werden schneller unfreundlich. Oft geht es ums Geld, das die Kirche ihnen vermeintlich aus der Tasche ziehen will. „Manche haben einfach Frust und wollen den loswerden.“ Doch oft lässt sich das aufklären, im Gespräch. „Ich nehme das nicht persönlich, sondern versuche, das abzufangen.“

Im Grunde sei es hier, im Gemeindebüro, ein bisschen wie zuhause, sagt Ulrike Seltmann. „Man fühlt sich verantwortlich und möchte das so machen, dass die Familie sich wohlfühlt. Egal, ob ich sage: Oh, die Kirche ist dreckig, es steht eine Trauerfeier an, machste mal schnell sauber.“ Oder wenn sich im Winter vor dem Eingang der Schnee türmt. Schneeschippe genommen und weggeräumt. Arbeit sehen und anpacken. Das ist die Devise der Gemeindesekretärin. „Kirche sollte doch ein freundliches Gesicht haben.“


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