Neulich war ich zum Geburtstagsbesuch bei einer Dame. Sie ist hundert Jahre alt geworden ist. Hundert!
Und ich war sehr gespannt, was mich erwartet – und wenn ich ganz ehrlich bin, auch ein bisschen ehrfürchtig. Doch was mich an diesem Besuch richtig beeindruckt hat, war nicht die Zahl, sondern die Klarheit der Jubilarin. Geistig topfit, mit einem wachen Blick und einem wachen Geist. Wir kamen ins Gespräch über die Welt heute und all das, was sich verändert hat – und sie sagte einen Satz, der mich tief berührt hat:
„Wissen Sie, die jungen Leute heute wissen alles wirklich viel besser als wir Alten. Genauso war das damals mit mir und meinen Eltern.“

Das hat mich doch ein bisschen aus der Bahn geworfen.
Da sitzt eine Frau, die den Krieg erlebt hat, Wiederaufbau, technische Revolutionen, Internet – und sie sagt das ohne Bitterkeit. Ohne dieses „früher war alles besser“. Stattdessen sagt sie mit einem Lächeln auf den Lippen diesen Satz.

Wie viel Lebensweisheit darin steckt.
Sich selbst nicht so wichtig zu nehmen, das eigene Wissen, die eigene Zeit nicht für das Maß aller Dinge zu halten – das ist Demut. Und vielleicht ist das das Schönste, was einen ein langes Leben lehren kann.

In der Bibel heißt es: „Gott gibt den Demütigen Gnade.“ Die Gnade eines zufriedenen Lächelns. Diese Dame – sie hat genau das gelebt. Und ich hoffe, dass ich mir davon etwas abgucken kann.

Mit ganz demütigen Grüßen, Martin Olejnicki, evangelisch in Köthen.