Bestellung bitte am Tresen
„Bestellung bitte am Tresen“ steht auf dem Schild. Sie weiß schon, was sie will, und gibt rasch die Bestellung auf. Sie muss warten. Ein paar Minuten nur, dann ist ihr Essen fertig. Eine Gruppe junger Männer ist auch da. Auch sie wollen etwas essen. Sie haben gleich nach ihr bestellt. Auch sie müssen warten. Nur ein paar Minuten, bis alles fertig ist. Sie flachsen rum. Dann sehen sie die Frau an. Mustern sie von oben bis unten mit grapschenden Augen. Sie grinsen dabei. Und rücken gleich etwas näher. Sie berühren sie nicht, aber die Männer stehen sehr dicht um sie herum, als würde man sich kennen. Sie hört ihre Sprüche.
„Hey, du. Ganz alleine hier? Wollen wir Spass haben? Ich hätte Lust auf was Süßes zum Nachtisch.“
Sie finden es total lustig. Und sich selbst supercool.
Sie findet es furchtbar.
Sie ist wie gelähmt. Ihr Herz pocht.
Endlich ist ihre Portion fertig. Sie nimmt rasch den Pappteller und zahlt. Aber sie hat keinen Appetit mehr. Sie wirft alles in den Mülleimer und radelt schnell nach Hause. Sie muss sich setzen. Sie atmet schwer.
Die Frau kriegt die Stimmen und die Blicke nicht mehr aus dem Kopf. Es geht ihr die ganze Nacht schlecht. Sie hat Albträume, wacht immer wieder auf.
Die Männer denken schon längst nicht mehr an die junge Frau vom Tresen. Sie sind irgendwo feiern.
„Drei von vier Frauen in Deutschland erleben sexuelle Belästigung.“ sagt die Statistik.
Lasst uns offen darüber reden. Zuhause, in der Schule, beim Sport, in der Kirche. Damit sich endlich was ändert.
Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer in Magdeburg