In Seenot
Ich habe mir einen langen Traum erfüllt: Segeln auf dem Atlantik!
Zehn Tage. So war mein Plan. In Lissabon bin ich an Bord gegangen. Es war toll. Und ich habe eine Menge über das Segeln auf hoher See gelernt.
Am dritten Tag weit draußen auf dem Meer gab es plötzlich einen gewaltigen Stoß. Orcas haben uns heftig angerempelt. Mehrfach. Wir zogen ganz schnell die Schwimmwesten an und haben uns gut festgehalten.
Jetzt wusste ich, was es heißt: „Auf hoher See bist du in Gottes Hand!“
Nach einigen Minuten sind die Orcas abgezogen. Ihre Rückenflossen habe ich noch eine Weile gesehen. Aber auch das Ruder unseres Bootes schwamm davon.
Wahrscheinlich wollten die Orcas bloß spielen, aber durch ihr gewaltiges Gewicht ist das zwei Meter lange Ruderblatt abgerissen. Unserer Crew ist zum Glück nichts passiert. Das hätte ganz anders ausgehen können.
Wir konnten aus eigener Kraft sogar noch einen Hafen anlaufen. Dort wurde das Segelboot an Land gehievt und wird nun repariert.
Der Segeltörn, auf den ich mich so gefreut hatte, war nach drei Tagen abrupt beendet. Der Orca-Angriff hat alle meine Pläne zerstört.
Manchmal kommen Dinge ganz anders, als wir uns das ursprünglich gedacht haben. Da hilft es nicht zu schimpfen. Da müssen wir überlegen: Was machen wir mit der neuen Situation?
Das wünsche ich mir im Privaten und das wünsche ich mir auch, wenn unsere Gesellschaft heftig ins Schlingern gerät, wie es ja gerade passiert. Dass wir gemeinsam Lösungen überlegen, anstatt zu resignieren oder aus Wut irgendeinen gefährlichen Kurs zu fahren. Wir sitzen doch alle im selben Boot. Wir müssen überlegen: Was ist gut für die ganze Crew?
Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer in Magdeburg