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29.11.2022
Das Herz als Kopftuch

Sie lehnt am Waschbecken. Phantasievoll frisiert, weiße Bluse, schwarze Stoffhose. Chic sieht sie aus, selbstbewusst. Sie lächelt mich an und weist mich ein. „Bitteschön“ sagt sie und zeigt auf eine freie Toilettentür in einem Einkaufszentrum. „Stellen Sie ihren Wagen ab,“ fügt sie hinzu, „ich passe auf ihn auf.“ Sie ist Toilettenfrau, heißt Fatima und kommt aus Birma. Hier arbeitet sie schon einige Jahre. Als ich mir die Hände wasche, kommen wir ins Gespräch. „Wie ist die Arbeit hier so“, frage ich. „Ach,“ sagt sie, „alles okay. Die meisten Leute sind freundlich. Die mich beleidigen wollen, überhöre ich.“ „Was sagen die denn so?“ „Na, geh wieder dorthin, wo du hergekommen bist. Oder sie machen Affengeräusche, nennen mich Schokolade. Mir macht das nichts mehr aus. Es gibt Schlimmeres.“

Ich erzähle ihr, dass ich als Pfarrerin lange mit Migrantinnen aus Afrika in einem Begegnungscafe Kunst gemacht habe. Manche sind bis heute meine Freundinnen. „Schön“ lächelt sie. „Ich bin Muslima. Ist aber egal, oder? Wir haben doch nur einen Gott.“ Ich nicke.

„Ich hätte sie nicht als Muslima erkannt, sie tragen kein Kopftuch?“, frage ich. „Schon lange nicht mehr“, erwidert sie freundlich. „Wissen sie, mein Kopftuch ist das hier.“ Sie legt eine Hand auf ihr Herz. Das Herz als Kopftuch, als Erkennungszeichen. Wunderbar. Das weiß ich auch aus meiner Religion. In meiner Bibel steht das so: “Der Mensch sieht, was vor Augen ist, aber Gott sieht das Herz an“. Gute Begegnungen heute wünscht auch Ihnen Gabriele Herbst, Magdeburg


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