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25.07.2023
Der Kaffe-Mann

Jeder kannte ihn, viele waren seine Kunden. Seit Monaten ist er nun verschwunden: André, der Kaffee-Mann. Irgendwann in der Pandemie hat er seinen Stand aufgegeben. 

Sein Stand, das war eine „Ape“ – so ein italienisches Dreirad, wissen Sie? Auf der Ladefläche hatte er eine große Francesconi-Espressomaschine installiert. Ein kleines Tischchen ließ sich aus dem Gefährt herausfalten, und unter einem großen, angezurrten Schirm hatten bei Sonne, Wind und Wetter dann alle Platz: André, das Gefährt und das Tischchen mit den Kunden. Und davon gab es viele. An Andrés Kaffeestand spielten politische Lager und Milieugrenzen keine Rolle. Der Museumsdirektor und die Design-Studentinnen, die Straßenbahnfahrerin und der Reichsbürger – alle trafen sich an Andrés Stand, um vor, zwischen, nach der Arbeit einen guten Kaffee zu trinken. Denn wie heißt so schön: „Kein Kaffee ist auch keine Lösung.“ 

Dass André mittlerweile einer anderen Arbeit nachgeht, das gönne ich ihm, und es ist auch nicht das Ende des Kaffees. Manche von Andrés ehemaligen Kunden versorgen sich mittlerweile mit eigener Siebträger-Kaffeemaschine selbst. Richtig damit umgehen kann zwar keiner, aber irgendwas Koffeinhaltiges kommt da schon raus. 

Was fehlt ist gar nicht so sehr der Kaffee, sondern André und sein kultiger Kaffee-Stand. Wo bitte gibt’s denn noch solche Orte? Orte, an denen sich Menschen begegnen, die sonst nie ein Wort miteinander wechseln würden?  

 

Conrad Krannich, Halle


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