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26.07.2023
Räder weg

Es sollte nur ein Zwischenstopp sein auf der Reise in den Urlaub. Der Abend auf halber Strecke war lang und schön, das Wiedersehen mit den Kindern fröhlich. Erholt und gestärkt wollen sie nun am Morgen weiter. Auf, auf zu ihrem Häuschen gleich hinterm Deich, wie jedes Jahr. Sie freuen sich schon so viele Monate darauf. 

Am Parkplatz angekommen dann die Entdeckung: die mit dem Fahrradträger aufs Auto geschnallten und mehrfach angeketteten E-Bikes sind weg. Weg! »Nicht das! Bitte, bitte nicht wir hier heute.« Was für ein Schock!  

Die Räder waren versichert; die Abwicklung braucht jetzt einfach Zeit. Was nicht einfach erstattet wird, ist das eigene Sicherheitsempfinden. Das liegt zersägt im Schmutz wie die Reste der Fahrradschlösser. 

Zwei Stunden später fahren sie los, ohne Räder, und kommen nach einer langen Fahrt im Schweigen auch irgendwann an im Quartier.  

Dort warten die Freunde. Sie haben etwas gekocht und nehmen die beiden in den Arm. Sie sind da, einfach nur da. Ohne kluge Tipps und ohne Vorwürfe. Sind einfach nur da, und das tut gut.  

Im Schuppen der Unterkunft entdecken sie am nächsten Morgen zwei alte Räder. Die haben schon eine kleine Staubschicht angesetzt, und das letzte Aufpumpen ist auch schon etwas her. Aber sie fahren. „Dann geht’s heute wohl damit auf den Deich. Wie damals, vor der E-Bike-Ära“.  

Je mehr sie sich auf das Abenteuer freuen, umso mehr weicht der Schmerz. Ich gönne es ihnen so sehr.  
Dass das Böse, das Ihnen die anderen zumuten, heute keine Macht über Sie gewinne, das wünsche ich auch Ihnen. 

Conrad Krannich, Halle


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