Die Tür
Auf dem Hof der Synagoge in Halle steht ein Denkmal. Es hat die Form einer Eiche. Die Äste bilden eine Hand nach. Die Hand umfasst eine Tür. Es ist genau die Tür, die am 09. Oktober 2019 dafür gesorgt hat, dass der Attentäter von Halle die Synagoge nicht betreten konnte.
Dennoch: Am Ende starben eine unbeteiligte Passantin und der zufällige Besucher eines Dönerladens, den der Attentäter ebenfalls angegriffen hatte.
52 Blätter an den dünnen Zweigen des Denkmals symbolisieren die Personen, die hinter der schützenden Tür in der Synagoge den Anschlag überlebt haben. Vor der Tür gedenken zwei silberne Blätter an Jana und Kevin, die die Tür nicht schützen konnte. An den Einschusslöchern der Tür sind zwei kleine Blätter den Verletzten gewidmet.
Mir sind die Ereignisse von 2019 heute, am 09. Oktober, wieder ganz nah. Noch am selben Abend hielten wir in der Marktkirche eine Andacht. Bis in die Nacht brachten Menschen aus Halle Blumen und Lichter. Sie legten und stellten sie auf den Markt: für die Opfer und gegen einen mörderischen Rassismus, der sich gegen Juden und Muslime richtet.
Landesbischof Friedrich Kramer sprach später von der Wunde und dem Wunder von Halle. Heute Abend auf dem Marktplatz erinnern wir an die schreckliche Tat vor sechs Jahren. Als die Tür, Gott sei Dank, gehalten hat. Sie ist nun in ein Denkmal an der jüdischen Synagoge eingefügt.
Hans-Jürgen Kant von der Evangelischen Kirche in Halle