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30.03.2021
Dokterchen

»Dokterchen kommt gleich«, sagt die Schwester und huscht weiter, während er sich schon einmal auf die Pritsche legt. Tag drei. Und er genießt diese Zwangspause so sehr. Das Gleichgewichtsorgan ist lädiert. Den Tinnitus kannte er schon, aber Schwindel und Übelkeit sind neu, also zum Arzt.
Gleichgewicht. Dass es dafür sogar ein Organ gibt, und so ein geheimnisvolles noch dazu! Es schmerzt nicht, man sieht es nicht. Aber wenn es nicht mehr geht, dann geht nichts mehr. 
Die Tür fliegt auf und Dokterchen herein. Dokterchen ist eine Frau. In Lichtgeschwindigkeit findet sie seine Vene, und das am schlechtesten Arm! 

Dann klemmt sie den Plastikbeute flink an den Ständer. »Schön austrinken!« Er würde die ganze Flasche mit NaCl und Cortison brav auslutschen, keine Sorge, gerne auch eine zweite. Denn Infusionszeit ist Meditationszeit: den Tropfen in den Arm folgen, zusehen, wie der Pegel sinkt und dabei über das Gleichgewicht nachdenken.
»Was machen Sie beruflich,« will Doktorchen wissen. »Ich arbeite mit Menschen.« »Sie haben ein Helfersyndrom«, sagt sie, »und ich hab’s auch. Das hält uns am Leben, und das macht uns krank.« 

Anderen helfen, sich selbst aber nicht verlieren. Das ist die Kunst. Es tropft weiter: „Tipp, tipp, tipp.“

Passen Sie auf sich auf. Und behalten sie ihr Gleichgewicht. Sagt Ihnen Friedrich Kramer, Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und grüßt sie aus Magdeburg


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