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08.10.2018
Einsamkeit - Chefsache für alle

„Wen sollen wir informieren?“ fragt die Krankenschwester den Verletzten, der gerade in die Notaufnahme geschoben wird. Der Angesprochene schüttelt den Kopf. Er weiß niemanden. Niemanden, der jetzt informiert werden soll. Das gebrochene Bein wird eingegipst, aber was macht man bei Einsamkeit?

In Großbritannien wurde in diesem Jahr die erste Ministerin gegen Einsamkeit benannt: Tracy Crouch. Eine Untersuchung hatte herausgefunden: Neun Millionen Briten fühlen sich einsam, jeder Fünfte. 200.000 von ihnen gaben an, im letzten Monat mit niemanden gesprochen zu haben. Und die leben nicht etwa auf abgelegenen Höfen, sondern überall in den Dörfern und den Städten. Sie haben Nachbarn, Internet und Telefon.

„Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist.“ - sagt die Bibel. „Einsame Menschen sind anfälliger für Herzinfarkte, Krebs und psychische Krankheiten“ - sagen die Studien.

Als Pfarrer habe ich an vielen Gräbern gestanden. Große Trauergesellschaften, die einander trösten. Aber auch ganz allein auf dem Friedhof – allein mit dem Bestatter und der Urne. Niemand, der zu informieren war. Niemand, der getröstet werden musste. Niemand, der die Verstorbene vermisste. In diesem Moment habe auch ich mich sehr einsam gefühlt.

Manche fordern nun auch bei uns in Deutschland ein Ministerium für Einsamkeitsbekämpfung. „Da muss sich doch einer drum kümmern.“ heißt es aus Politikerkreisen.

Einer?

Wir alle müssen uns darum kümmern! Um uns selbst und umeinander!

Wir alle sollten zu Ministerinnen und Ministern gegen Einsamkeit werden. Denn wenn niemand einsam ist, bin ich es auch nicht.

„Wen sollen wir informieren?“ fragt die Schwester. Ich wünsche es uns allen, dass wir eine Antwort geben können.

Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer in Magdeburg


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