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18.01.2023
Familienbilder

In den Tagen zu Jahresbeginn habe ich mir die Bilder in unserem alten Familienalbum angeschaut – das sind gar nicht viele schwarz-weiß Fotos, meist kleinformatig, denn in Rumänien hatten wir keinen Fotoapparat und Bilder wurden nur zu einem bestimmten Zweck in der Stadt beim Fotografen gemacht. Ohne Grund wäre niemand auf die Idee gekommen, zum Fotografen zu gehen oder aber einen Fotografen ins Haus zu bitten. Beim Anschauen der Hochzeitbilder meiner Eltern, der kleinformatigen Bilder für Ausweise, fragte ich mich innerlich, aus welchem Grund ich mir diese Familienbilder jetzt anschaue: Solange meine Eltern lebten, habe ich das selten gemacht – also, um anhand der Bilder die Verbundenheit mit meinen Eltern und meinen Großmüttern zu spüren. Sie haben mir durch ihre Art zu leben Freiheit und Zuversicht geschenkt. Familie war und ist für mich ein sicherer Ort der Geborgenheit und der Quelle von Kraft und Zuversicht. Das durfte ich bis heute erfahren und möchte es auch gerne als Vater weitergeben. Und was hat mich am stärksten geprägt: dass meine Eltern und meine Oma mehrmals im Jahr mir und meinem Bruder die Hand reichten und um Verzeihung baten: Verzeihe mir! Und die Antwort lautete: Ich verzeihe dir von Herzen. Mich hat das als Kind manchmal beschämt, wenn die Erwachsenen mich als Kind um Verzeihung baten – denn ich wusste nur zu genau, was ich angestellt hatte. Aber so konnte ich es ja selbst lernen. Sich gegenseitig zu verzeihen, zu vergeben – das ist das wertvollste, was mir meine Eltern vererbt haben. Johann Schneider, evangelischer Regionalbischof aus Halle


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