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02.06.2018
Friedhof und Totenleuchte Schulpforta

So etwas habe ich noch nie woanders gesehen: Es sieht aus wie ein kleines Türmchen mit einer Tür. Es ist fünf Meter hoch und vielleicht einen Meter mal einen Meter breit. Das Dach läuft sehr spitz zu. Dieses merkwürdige Bauwerk steht auf dem Friedhof von Schulpforta an der Saale. Es wirkt auf mich wie eine überdimensionale Laterne. Und innendrin brennt tatsächlich ein Licht. Dieses uralte Sandsteingemäuer ist schon 750 Jahre alt. Es ist eine gotische Totenleuchte. Ihr Licht erinnert an die Verstorbenen.

Durch ein Gitter kann ich in das Innere schauen. Fotos sind aufgestellt.

Junge Menschen. Ich kenne sie nicht. Ich lese, dass sie hier zur Schule gegangen sind. Hier im Internat haben sie gewohnt. Hier haben sie gelacht, waren fröhlich, haben gechillt.

Aber dann ein Unfall, eine Krankheit - was auch immer. Ich weiß es nicht. Ich sehe nur die Fotos neben der Kerze. So schnell kann das Leben vorbei sein...

Zum Glück muss ich nur selten an sowas denken. Aber diese zufällige Entdeckung beim Spaziergang über den Friedhof gibt mir einen Wink:

„Du, verlass nicht morgens im Streit das Haus und die Familie.“

Und es sagt mir am Abend: „Hey sei dankbar, nach Hause zu kommen und alle sind da! Frau und Kinder. Wohlbehalten.“

Eigentlich sind Weggehen und Wiederkommen ja ganz alltäglich. Nichts Besonderes. Und doch ist es jeden Tag ein kostbares Himmelsgeschenk.

Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer in Magdeburg


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