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03.03.2024
Kreuz im Gebirge

Bei Fräulein Strehlau hatte ich als Kind Christenlehre. Also eine Art Religionsunterricht in der Kirchengemeinde. Fräulein Strehlau schien uns uralt. Wir saßen in ihrem Wohnzimmer und sie erzählte uns biblische Geschichten. Wir tranken Brause und durften von ihren Keksen essen.

Ich hörte ihr zu, aber immer wieder wanderte mein Blick zu einem Bild, das über ihrer Anrichte hing. Zu sehen war ein Kreuz, hoch aufgerichtet auf einem Felsen. An dem Kreuz der gemarterte Körper von Jesus. Tannen stehen um den Felsen. Das könnte das Elbsandsteingebirge sein. Oder der Harz. Dachte ich als Kind.

Heute weiß ich: Dort im Wohnzimmer hing die Reproduktion eines Gemäldes von Caspar David Friedrich: „Kreuz im Gebirge“.

Der Maler führt den Betrachter nicht nach Jerusalem, wo Jesus ja tatsächlich gekreuzigt wurde. Er hat die Szene vielmehr hinein gemalt in seine Lebenswelt. Vielleicht wollte er sagen: Die Geschichte dieses Jesus und seines Leidens hat etwas mit mir, mit meinem Leben zu tun.

Irgendwie gehörte Fräulein Strehlau mit diesem Jesus zusammen. Sein Leiden war ihr Leiden und ihr Leiden war seines. Dabei wusste ich damals noch nicht viel vom Leiden. Heute schon. Dabei hilft mir das Bild vom Kreuz im Gebirge, darauf zu vertrauen, dass Gott überall den Menschen nahe bleibt, die leiden.

Und er sorgt dafür, dass der Tod nicht das letzte Wort behält.

Hofft Hans-Jürgen Kant, Superintendent in Halle.


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