Licht im Dunkeln
Ich freu mich, dass am Himmel Wolken ziehen.
Und dass es regnet, hagelt, friert und schneit.
Dass Amseln flöten und dass Immen summen,
Dass Mücken stechen und dass Brummer brummen.
Ich freue mich, dass ich mich an das Schöne
Und an das Wunder niemals ganz gewöhne.
Dass alles so erstaunlich bleibt, und neu!
Ich freu mich, dass ich … dass ich mich freu.*
Ich weiß nicht, ob Sie Mascha Kaléko kennen. Das Gedicht ist von ihr.
Ihre Verse sind so heiter und verschmitzt. Aber aus vielen sprechen auch Sehnsucht und Melancholie. Und das hat mit dem zu tun, was sie erlebt hat:
Zu Beginn des 1. Weltkriegs, da war Mascha gerade 7, floh die Mutter mit ihr aus Galizien im heutigen Südpolen. Die jüdische Familie fürchtete die Pogrome der Russen. In Berlin fand sie als junge Frau eine Heimat. Sie hat sich dort in Künstlerkreisen bewegt und veröffentlichte sehr erfolgreich ihre ersten Gedichte.
Bis zum Berufsverbot durch die Nazis. Die sorgten auch dafür, dass sie ihre Heimat ein zweites Mal verlor. Kaléko emigrierte nach Amerika. Später ist sie dann mit ihrem Mann nach Israel ausgewandert, ins Land ihrer Väter.
Aber: ein zu Hause hat sie weder hier noch da gefunden.
Und genau das - dieses Verlorensein in einer fremden Welt -spricht auch aus ihren Gedichten.
Erstaunlich ist, dass sie sich trotzdem gehalten fühlt. In ihren Texten scheint immer die Hoffnung durch das Schwere hindurch.
„Sei klug“, rät sie in einem Gedicht. „Und halte dich an Wunder! Sie sind lang schon verzeichnet im großen Plan.“
So ein Vertrauen wünsche ich Ihnen!
Pfarrerin Christina Lang, Ev. Kirchengemeinde Naumburg
*„Sozusagen Grundlos vergnügt“ In: Mascha Kaléko: Mein Lied geht weiter, Hrsg. G. Zoch-Westphal, S. 89