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09.02.2023
Nicht loslassen

Ein Bild geht gerade um die Welt. Es zeigt Mesut Hancer mit erstarrtem Blick, der sich in der Ferne verliert. Mesut hält die Hand seiner Tochter Irmak, die aus den Trümmern herausragt. Zu einem eisigen Trümmerhaufen hat das Erdbeben auch hier Haus und Hof und Leben aufgeschoben. Zwei Minuten hat das gedauert. Was für ein Wahnsinn.

Als Mesut Irmaks Hand nahm, da war sie noch warm, da war noch Hoffnung. Nun ist sie kalt. Irmak ist tot. Und Mesut lässt die Hand seiner Tochter nicht los. Seit Stunden, seit Tagen hält er Irmaks Hand und lässt nicht los. – So ist die Hilflosigkeit eines Menschen; so ist die Liebe eines Vaters. Eine orangefarbene Arbeitsjacke haben ihm die hilflosen Helfer übergeworfen. Mehr konnten auch sie nicht tun. Zu spät.

Aus zig Ländern haben sich Menschen auf den Weg gemacht, um in Syrien und der Türkei zu helfen, auch aus Sachsen-Anhalt. So schnell ging das und so selbstverständlich, dass man den Glauben in die Menschheit wieder gewinnt. Hochprofessionelle Teams mit schweren Maschinen unterstützen die Retter vor Ort. Und Sanitäter. Viele spenden. Selbstverständlich. Und bei aller Hilfsbereitschaft gibt es für viele doch auch ein Zuspät. Das tut weh.

Irgendwann wird ein Helfer Mesuts Hand nehmen, sehr behutsam, sie nicht loslassen und ihn wegführen vom Trümmergrab seiner Tochter hinein in ein anderes Leben. Das hoffe ich. Und für Irmak bete ich: Du lässt das Werk Deiner Hände nicht los, Gott. Nimm Irmaks Hand und führe sie aus dem Tod hinein in deine Ewigkeit.

Conrad Krannich, Halle.


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