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25.03.2018
Schuld

Die Menge jubelt. Sie werfen Kleidungsstücke und Palmzweige auf den Weg.

Denn er kommt: der König, der Retter.

Der König, der Retter sitzt auf einem Esel. Sollte er nicht auf einem Pferd mit prunkvollem Sattel in seine Stadt einreiten?

Er ist anders.

Sie steht am Rand. Sie steht immer Rand. Sie ist ausgestoßen, ehrlos.

Für einen kurzen Moment treffen sich ihre Blicke, als hätte er sie gesucht – am Rand der Menge.

Sie folgt ihm. Die Menge bleibt zurück.

Als er in ein Haus eingeladen wird, geht sie verstohlen hinterher.

Sie darf hier nicht sein. Sie ist ausgestoßen, ehrlos, verkauft sich.

Jeder kennt sie - aber keiner will sie kennen.

Zunächst wird sie nicht beachtet.

Dann ruft einer: „Du da! Verschwinde hier!“

Er sieht auf, lächelt und winkt ihr zu – einladend, freundlich. Widerwillig macht man ihr Platz.

Zu seinen Füßen kauert sie sich.

Und salbt seine Füße mit Öl. Wie einen König.

Er lässt es zu. Nimmt es an.

Sie ist nicht länger ausgestoßen, ehrlos, schuldig; sie ist…..ein Mensch.

So erzählt die Bibel die Geschichte am Sonntag vor Ostern.

Die dabei sind, verstehen nichts, ärgern sich, diskutieren darüber.

Er sagt: Zu aller Zeit wird man sich an diese Frau erinnern.

Darum erzähle ich die Geschichte von der namenlosen Frau.

Bei Gott steht niemand abseits, am Rand. Es gilt keine Schuld.

Es muss erst Ostern werden, bis das verständlich wird.

Vorösterlich grüßt aus Dessau

Joachim Liebig


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