Wo die Liebe hinfällt
Wo die Liebe hinfällt
Jetzt noch einen Caterer engagieren oder einen Musiker? Völlig aussichtslos. Alle sind ausgebucht. Denn es ist Saison. Heiratssaison. Jedes Wochenende irgendwo ein anderes Fest. Mal mit allem Pomp, der gegen Geld zu haben ist, mal ganz klein, im Garten, nur mit den Allerallerliebsten. Sollen alle genauso machen, wie‘s für sie passt, denke ich mir.
Heute auf den Tag genau vor 500 Jahren haben keine Geringeren als Martin Luther und Katharina von Bora geheiratet. Ja, genau: der Reformator und ehemalige Mönch und die entlaufene Nonne. In Wittenberg wird das an diesem Wochenende ganz groß gefeiert.
Martin Luther und Katharina selbst, die haben damals im ganz kleinen Kreis geheiratet, wahrscheinlich weil die beiden ehemaligen Ordensleute auch‘n bisschen unsicher waren, wie das überhaupt geht: heiraten und zusammenleben und so weiter.
Von der Unsicherheit spüre ich etwas, wenn Luther schreibt: „Das erste Jahr der Ehe macht einem seltsame Gedanken. [… W]enn man am Tische sitzt, denkt man: Vorher war ich allein, nun bin ich zu zweit. Wenn man im Bette erwacht, sieht man ein Paar Zöpfe neben sich liegen, welche man früher nicht sah.“ – Verliebtes Staunen von Luther, der sonst um keine Grobheit verlegen ist. Auch er und Katharina mussten erst lernen, wie das geht: Lieben und leben, streiten und sich wieder vertragen.
Zwei Menschen sagen Ja, nicht nur für einen Tag, sondern für ein ganzes Leben. Es ist das schönste Fest und das größte Wagnis. Gott behüte alle, die an diesem Wochenende heiraten.
Conrad Krannich aus Halle