Angeschaut werden
„Zweimal in der Woche kann ich hierherkommen“, sagt Herr Körner. Er meint die „Senioren-Tafel“, die es in seiner Stadt gibt. Lebensmittel, sehr preiswert, ausschließlich für Senioren. Herr Körner kommt, weil er es nötig hat mit seiner kleinen Rente. Das fällt ihm nicht leicht.
Trotzdem kommt er gern. Bei den anderen Tafeln geht es oft etwas hektischer zu. Da fühlt er sich manchmal als Störfaktor, weil er nicht so schnell ist wie die Jüngeren.
Bei der Seniorentafel haben sich die Mitarbeitenden auf die Bedürfnisse älterer Menschen eingestellt. Man hilft ihnen bei den Treppenstufen und beim Einpacken des Einkaufs; die Atmosphäre ist ein bisschen ruhiger. Das ist mindestens genau so viel wert wie die preiswerten Lebensmittel. „Hier werde ich gesehen“, sagt Herr Körner, „als Mensch“.
„Du bist ein Gott, der mich anschaut!“ Das sagt eine vom Leben arg gebeutelte Frau in der Bibel. Die bis dahin in ihrem Leiden immer übersehen wurde. So mag es auch Herr Körner empfinden. Etwas vom göttlichen Blick auf ihn blitzt auch bei den Mitarbeitenden der Tafel für ihn auf.
Er hat es sich nicht ausgesucht, zur Tafel zu gehen. Äußere Umstände zwingen ihn dazu.
Aber hier wird er angeschaut. Das zählt. Und das gilt übrigens für alle Tafeln.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen! Cornelia Biesecke aus Eisenach, evangelische Kirche.