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22.02.2022
Die kleine Liebe behüten

Sie haben sich erst spät gefunden. Er: 68, sie: 67. Dabei waren sie zusammen in der Schule. Haben immer in der gleichen Stadt gewohnt. Er: Witwer, sie: zweimal geschieden. Kinder, Enkel. Bei einem Klassentreffen haben sie dann nebeneinandergesessen und lange geredet. Dann Ausflüge gemacht und dann gemerkt: Guck, wir tun uns gut.

Es war nicht die ganz große Liebe mit Schmetterlingen im Bauch und so. Aber es fühlte sich gut an. Vertraut. Sie machen sich nichts vor. Sie erwarten nicht das ganz große Glück, die vollkommene Erfüllung.

Es ist so schön, wenn wir zusammen Essen machen, sagt sie. Und hinterher zusammen aufräumen.

Er: Es ist so gut, abends zusammen auf dem Sofa zu sitzen und zu lesen.

Unsere Liebe ist wie so ein kleines Schneeglöckchen, dass mutig den Kopf aus dem Laub hebt, sagt sie.

Liebe kann überwintern, sie legt ihre Samen überall hin und bei der kleinsten Sonne geht es wieder los.

So ist sie, die Liebe, denke ich. Erfindungsreich und verspielt. Manchmal muss man sie behüten, dass sie nicht zertrampelt wird. Aber dann vermehrt sie sich.

So wünsche ich es allen, die heute am Tag mit der Schnapszahl heiraten: dass ihre Liebe wachsen kann und blühen. Dass sie behütet und beschützt wird. Und dass dann, wie unbemerkt, tausende Schneeglöckchen ihren Kopf aus dem Waldboden heben und duften und den Wald des Lebens verzaubern. Dass die Liebe groß wird und weit. Dass sie sich öffnet für Kinder und Enkel, für Nachbarinnen und den Verein, für Freunde und – ach guck: für Feinde.

Gott ist groß. Er ist die Liebe, die uns alle verbindet.

Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche.


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