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22.10.2018
Ein Thüringen für alle

Das war irgendwie kurios. Kurz vor Semesterbeginn piept eine Whatsapp-Nachricht auf. Meine Nichte dritten Grades fragt, ob mein Angebot noch stehe. Das mit dem Gästezimmer. Klar, sage ich. Ja, sie habe kein WG-Zimmer in Weimar gefunden. Kein Problem.

Am Freitag vor Semesterbeginn bekomme ich eine Mail. Weitergeleitet um sieben Ecken. Ob jemand jemanden kennt, der jemanden kennt, der in Weimar wohnt, fragt eine Frau aus Düsseldorf. Sie arbeitet auch bei der evangelischen Kirche. Der Patensohn aus Ghana wolle da studieren und irgendwas hat mit dem Studierendenwerk nicht geklappt, er hat kein Zimmer. Ob übergangshalber jemand etwas weiß, es dürfe auch mit Schlafsack und Isomatte sein. Sonst stehe der junge Mann auf der Straße.

Na, auf der Straße stehen muss hier niemand. Wird schon klappen. Wir rücken zusammen. Tags darauf steht der junge Mann in meiner Tür. Spricht noch kein Deutsch. Wir reden Englisch – so gut ich eben kann. Einen Tag später kommt meine Nichte.

WG-Leben. Vierzehn Tage lang volle Hütte. Meine Familie findet es klasse. Ich auch.

Am Abendbrottisch frage ich den jungen Mann, was besonders anders sei in Deutschland, als in Ghana. Dass die Leute hier an roten Ampeln stehen bleiben, sagt er spontan. Wir lachen. Und ich finde es schade, wenn wieder alle weg sein werden. Wir würden gerne mehr hören. Es macht uns reich.

Gut, dass sich in Thüringen viele Menschen um die kümmern, die hierherkommen.

Und schön, dass heute Abend der Ministerpräsident einige dafür auszeichnen wird – im Rahmen der Kampagne „Ein Thüringen für Alle“.

Ulrike Greim, Weimar.


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