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26.04.2017
Eine Glocke für das Gutenberg-Gymnasium

Glockenläuten ist für mich was Besonderes. Wenn abends um 18 Uhr das Geläut der Eisenacher Stadtkirchen in unserem Wohngebiet zu hören ist, halte ich oft für ein paar Momente inne und höre zu. Das ist ja auch der Sinn des Glockenläutens. Innehalten. Für einen Moment den Alltag unterbrechen.

Heute läutet in Erfurt eine besondere Glocke. Ganz neu ist sie. Frisch gegossen. Sie erklingt zum ersten Mal und lädt ein zum Erinnern und Gedenken. Es ist ein schweres Erinnern, an den Amoklauf im Erfurter Gutenberg-Gymnasium heute vor 15 Jahren. 16 Menschen, Lehrer, Schüler, eine Sekretärin und ein Polizist wurden damals von einem ehemaligen Schüler erschossen. Am Ende tötete der Täter sich selbst.

Die Wunden sind nicht verheilt. Noch heute brauchen Angehörige und Betroffene therapeutische Hilfe. Das ist wichtig. Und das Erinnern ist wichtig.

Auch in der Erfurter Andreaskirche ist das heute möglich. Sie ist den ganzen Tag geöffnet. Auch hier werden die Namen der Getöteten verlesen, begleitet vom Ruf eines biblischen Gebets: „Neige deine Ohren und erhöre uns“. (nach Psalm 86,1) Dieser Ruf war in biblischer Zeit genauso flehend und wichtig wie heute. Und die neue Glocke für das Gutenberg-Gymnasium ist wichtig. Mit ihrem ganz eigenen Klang. Für Menschen, die fehlen. Ein Klang für den Schmerz. Wir fühlen mit. Und beten:

Gott, neige deine Ohren und erhöre uns!

Cornelia Biesecke, ev. Pfarrerin aus Eisenach.


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