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11.02.2023
Eine Puppe erzählt

Mit großen Augen blickt sie in die Welt. Ernst und unbewegt. Inge heißt sie. Sie ist eine Puppe, die derzeit in einer Berliner Ausstellung sitzt. Sie könnte viel erzählen, die Inge. Von ihrer Besitzerin, der kleinen Lore. 1941 musste die mit ihrer Familie fliehen aus Nazideutschland. Weil sie Juden waren. Über Frankreich und Portugal in die USA. Immer war Inge dabei. Die Großeltern hatten Lore die Puppe zum Abschied geschenkt. Und Lore hat sie gehütet wie einen kostbaren Schatz.

Ja, Inge könnte viel erzählen. Von den Tränen, die Lore später geweint hat in der Fremde. Weil sie Heimweh hatte. Von den vielen Küsschen, die sie bekommen hat, weil sie doch eine kostbare Erinnerung war an die Großeltern und das frühere Leben in Deutschland. Bevor das Grauen kam.

Später kam die Puppe Inge in die Holocaustgedenkstätte nach Yad Vashem. Um den nachfolgenden Generationen zu erzählen: Wie es ist, wenn die Heimat verloren geht. Wenn man alles aufgeben muss, was einem lieb ist.

Und jetzt – ist Inge zurückgekommen nach Deutschland, nach Berlin. In das Land, aus dem die Familie einst fliehen musste. Als Leihgabe aus Yad Vashem für eine hiesige Ausstellung, zusammen mit anderen Gegenständen, die Menschen mitgenommen haben auf die Flucht vor den Nazis: ein Tagebuch, eine Aktentasche, sogar ein Klavier.

Mit ernsten Augen blickt Inge ihre Betrachter an. Und erzählt. Stumm. Wie weit der Weg war. Was Menschen abverlangt wird bei jedem Krieg, auf jeder Flucht. Wie Kinder leiden.

Darum bete ich so sehr um Frieden, auch heute.

Ein gutes Wochenende wünscht Cornelia Biesecke, Eisenach, evangelische Kirche


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