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07.05.2021
In den Gassen und Straßen

Seit fast einem Jahr geht Vera jeden Tag spazieren, jeden Tag eine Runde durch die Stadt und dann in den angrenzenden Wald. Früher hat sich Vera zweimal die Woche mit ihren Schulfreunden und Nachbarn getroffen. Im Seniorenclub und dann noch zu Haus. Mittwochs und freitags Kaffeeplausch. Das geht jetzt alles nicht mehr und selbst wenn, wäre es Vera zu gefährlich. Man will ja auch keinen in Gefahr bringen. Und trotzdem muss ich irgendwie raus, sagt sie. Des Nachts auf meinem Lager suchte ich, den meine Seele liebt. Ich suchte, aber ich fand ihn nicht. Ich will aufstehen und in der Stadt umhergehen auf den Gassen und Straßen und suchen, den meine Seele liebt. Worte aus dem Hohelied der Liebe. Vera hat sie sich eingerahmt. Es ist ihr Trauspruch gewesen. Veras Mann ist schon lange tot und sie hat das mit der Liebe auch abgehakt. Für sowas bin ich zu alt, sagt sie, aber rausgehen und suchen, was die Seele liebt – das braucht doch jeder Mensch. Wenn schon kein Kaffee mit Freunden, dann wenigstens ein Plausch am Gartenzaun. Sonst fällt einem ja die Decke auf den Kopf. Die Liebe kennt keine Ausgangssperre. Die Liebe zum Leben bricht immer wieder auf. Sie sucht die kleinen Wege und Auswege. Sie legt die Hände nicht in den Schoss. Sie geht raus und freut sich anTulpen, Enzian, Narzissen und am kleinen Gartenzaunplausch.

Gute Wege und Entdeckungen wünscht Ihnen Kristin Jahn, evangelisch und Superintendentin im Kirchenkreis Altenburger Land


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