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27.05.2021
Lass mich leben

Jeden Morgen den Jungen wecken. Es ist eine Qual. Sie kommt selber kaum hoch. Seit der Scheidung hat sie nur noch halbe Kraft, wenn überhaupt.

Die Tochter ist schon fast selbständig, die kommt in den Tag. Aber der Sohn? 14. Kein leichtes Alter. Er sieht nicht ein, wofür er aufstehen soll. Er zockt bis spät in die Nacht. Und sie weiß nicht, wie sie ihm vom Laptop fernhalten soll. Alle seine Freunde zocken.

Woher die Kraft nehmen? Nacht für Nacht zermartert sie sich das Gehirn. Was habe ich falsch gemacht? Warum haben meine Beziehungen nicht gehalten? Wie soll ich mein Leben schaffen? Ich muss doch Geld verdienen. Gibt es niemanden, der helfen kann?

Sie hatte Unterstützung. Sie hatte Freunde, einen Sportverein. Der hat Halt gegeben. Struktur. Doch dann ist alles durch den Lockdown weggefallen. Und sie hat es in ein Loch gestürzt. Eigentlich müsste sie wieder in die Klinik. Aber dann ist niemand für die Kinder da. Es ist ein Teufelskreis.

Sie kämpft. Manchmal ums Leben.

Gut, dass sie den kleinen Job im Gemeindebüro hat. Wenigstens stundenweise. Das Gefühl, zu irgendetwas nütze zu sein, hilft. Und Leute um sich zu haben, die es gut meinen.

Und dann ist da dieses Kreuz an der Wand. Der leidende Christus. Sie fühlt, er kann sie verstehen. Er trägt ihr Kreuz mit. Sie muss es nicht alleine tragen. Er stellt liebe Menschen an ihre Seite. Es kann eine Chance geben. Ein Leben. „Gib mich nie auf, Gott“, betet sie. „Hörst Du?! Lass mich leben.“

Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche


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