Lindenzeit
Sie blühen, die Tilia platyphyllos und die Tilia cordata – die Sommer- und die Winterlinde. Zur Heilpflanze des Jahres 2025 gewählt. Lindenblütentee, noch ein wenig Honig eingerührt, hilft, wenn der Hals kratzt und die Nase läuft. Das wusste schon im 12. Jahrhundert die heilig-heilsame Äbtissin Hildegard von Bingen.
Forstwirtschaftlich ist die Linde unbedeutend, ihr Holz taugt zum Schnitzen, aber sonst? Aber sie ist ein Freund der Menschen, eine Freundin. Die Dorflinde auf dem Anger, immer mit Bank, wo sich die Leute setzen, die vom Bus oder vom Einkaufen kommen, und abends die jungen Leute. Und dann die beiden Linden, die den Eingang zum Kirchhof markieren, und die vielen, die in den Städten so manchen Biergarten überwölben wie die Lindenalleen die Straßen. Und wenn sie dann blühen und all das Summen in ihren Kronen anschwillt zu einer einzigen Melodie – dann ist es, als würde auch die Hoffnung aufblühen.
Linden können gut 500, manche bis zu 1.000 Jahre alt werden. Es könnte sein, es gibt noch Linden, deren Blüten schon Hildegard von Bingen gepflückt hat.
Leute, pflanzt Linden! Pflanzt sie der Hoffnung an den Weg. Dieser Hoffnung, der wir so viel in den Weg stellen, weil wir oft nur von 12 bis Mittag denken, weil es so oft um kurzfristigen Profit, um den schnellen Wohlstand geht. Wir wollen Hoffnung stiften? Dann betrachten und gestalten wir die Dinge aus dem Lebensalter der Linden heraus, verantwortlich dafür, dass sie alt werden können. Reißt den Beton und eure Herzen auf, es ist Lindenzeit!
Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach.