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14.09.2016
Mauern können fallen

Ich erinnere mich, dass meine Eltern immer recht still wurden an jedem 13. August. Weil sie es erlebt haben. Weil sie mitbekommen haben, was am 13. August 1961 passiert ist. Weil sie ahnten, dass es von da eng werden würde im Ostteil des Landes, eingezwängt in eine Mauer. Der Bruder: im Westen. Die Tante: in Westen. Viele Freunde: im Westen. Nun war der Riegel zu. Es machte mich beklommen, meine Eltern so zu sehen. Obwohl ich es ja nicht anders kannte. Die Mauer: eine Realität.
Ich ahnte nicht, dass sie jemals fallen könnte.
Aber dann erlebte ich: Mauern können fallen. In Wirklichkeit ist keine Mauer für die Ewigkeit gebaut.
Wie konnte das sein? Hatte Gott seine Hände im Spiel?
Einmal wollte Gott, dass Mauern fallen. Da hat er seinem Volk gesagt: Die Mauern von Jericho: Ich gebe sie in Eure Hand. Umkreist sie. Schweigend. Alle zusammen. Eine Woche lang. Am siebten Tag aber: Da macht Krach. Mit Pauken und Trompeten. Und die Mauern werden einfallen. So geschah es.
Heute glaube ich, dass Gott grundsätzlich keine Mauern will, selbst wenn sie kurzzeitig schützen können. Dass wir aber keine Mauer als gottgegeben hinnehmen sollen. Nicht die zwischen Israelis und Palästinensern. Nicht zwischen Nord- und Südkorea. Nicht die um Europa herum. Mauern können fallen. Manchmal muss man schweigend an ihnen entlanglaufen. Und manchmal muss man schreien.

Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche.


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