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06.09.2023
Meine Stadt ein Nazi-Nest?

Die Stadt, in der ich zu Hause bin, ist immer wieder im öffentlichen Gerede: Sie sei ein Nazi-Nest. Nein, wehren sich die Eisenacher (also die, die keine Nazis sind): Das sind wir nicht, wer das behauptet, macht es sich ja wohl zu einfach.

Letztens war ein Freund, der hier aufgewachsen ist, wieder einmal in der Stadt. Er kommt aus dem Bahnhof, geht zu den Bussteigen und sucht nach der richtigen Linie. Vor ihm eine Frau mit ihrer Tochter, die beiden finden sich auch nicht zurecht. Er beobachtet, wie sie auf zwei Busfahrer zugehen, die in ihrer Pause eine Zigarette rauchen. Die Tochter fragt in gebrochenem Deutsch: „Klinikum? Was ist richtige Bus?“ Darauf schreit einer der Busfahrer sie an: „Ich hab dir das schon dreimal gesagt, du musst die 1 nehmen, nicht die 5! Und lern erstmal richtig Deutsch.“ Und zu seinem Kollegen: „Jetzt fragt die mich schon zum dritten Mal, verdammt.“

In der Bibel heißt es: Tu deinen Mund auf für die Stummen. Das meint doch: Leg dich da ins Zeug, wo anderen ans Zeug geflickt wird, rede, wo anderen über den Mund gefahren wird, geh den nächsten Schritt, wenn anderen der Weg verstellt wird.

Genau das macht der Freund. Er nimmt sich den Busfahrer zur Brust: „Geht’s noch? Kann man das vielleicht auch freundlich sagen?“ Nein, die Stadt ist wirklich kein Nazi-Nest. Zumindest nicht, wenn es Menschen gibt, die den Mund auftun für die Stummen.

Einen Tag voller Freundlichkeiten wünscht, Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach.


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