Die Frau fand ich beeindruckend. Sie erzählt sehr klar ihre Geschichte, ohne zu viele Details zu nennen.

Nach außen hin waren sie eine Vorzeigefamilie. Der Vater Arzt, die Kinder wohlerzogen. Alles paletti. Lisa F. hat lange gebraucht, zu verstehen, was ihr passiert ist. Was der Vater und der Halbbruder mit ihr gemacht haben. Sie dachte lange, mit ihr stimme etwas nicht. Den Begriff sexualisierte Gewalt kannte sie damals noch nicht.

„Ich hätte mir gewünscht, dass die Menschen aus meinem Umfeld mich einfach mal fragen, wie es mir geht und ob zu Hause alles in Ordnung ist,“ sagt sie. Es habe so viele Momente gegeben, in denen klar war, dass etwas schiefläuft. Als sie mit 13 mit Alkoholvergiftung ins Krankenhaus kam, zum Beispiel. Aber der Arzt sagte, ihr Vater sei ja Arzt, da brauche es keine weitere klinische Hilfe.

Was tun, wenn man allein ist? Ist da kein Gott, der hilft?

Lisa sagt, sie habe versucht, ihren Körper in den Griff zu bekommen – mit exzessivem Sport. Hat nichts genützt. Bis eine Freundin sagte, dass es Hilfe gibt.

Mehrere Male war sie in einer Traumaklinik. Dort war sie nicht mehr allein mit den vielen düsteren Gedanken. Viele haben ihr geholfen.

Gott gibt niemanden verloren. Er begabt Menschen, hinzugucken und heilen zu helfen.

Jetzt ist Lisa selbst Assistenzärztin. Will anderen helfen. Auch in einem Betroffenenbeirat. Sie erzählt, dass man es schaffen kann. Und ihr tut es gut, aktiv werden zu können. Aufzuklären, ein Beispiel zu sein.

Dass es immer Heilung geben kann, das ist so gut zu hören.

Ulrike Greim, Erfurt, Evangelische Kirche