Sklaverei
Heute wäre er 225 Jahre alt geworden. Nat Turner wurde am 2. Oktober 1800 in Virginia geboren. Sohn einer Sklavin, die wiederum Tochter einer Sklavin war. Er wirkte als Prediger unter den Sklaven seiner Plantage. Man nannte ihn „Prophet“. Man muss sich das vorstellen: Da gehen die Plantagenbesitzer, die sich Menschen gekauft haben, um sie bis aufs Blut auszubeuten, sonntags in die Kirche – und hören Worte der Bibel. Und verstehen: nichts. Oder nur das, was sie verstehen wollen. Und da ist auf ihren Feldern einer, der wirklich verstanden hat, worum es geht: Alle Menschen mit derselben Würde anzusehen, weil Gott sie so sieht. Sklaverei ist Sünde. Nat Turner hört den Ruf Gottes und zettelt einen Sklavenaufstand an, zieht von Plantage zu Plantage, um seine Leute zu befreien – und endet mit 31 Jahren am Galgen, mit ihm gleich noch hundert weitere Sklaven.
Das liegt lange zurück. 1865 wurde die Sklaverei in den USA verboten. Aber selbst wenn Nat Turner 225 Jahre alt geworden wäre, er hätte das Ende der Sklaverei nicht erlebt. Vom Gesetz her ja, aber es gibt noch immer: Zwangsarbeit, Schuldknechtschaft, Zwangsprostitution, Kinderarbeit. Heute leben mehr Menschen in Sklaverei als jemals zuvor: 50 Millionen.
Klar, kann man etwas tun. Es gibt ein Lieferkettengesetz. Damit soll unterbunden werden, dass Dinge in den Handel kommen, die Menschen in Sklavenarbeit herstellen mussten. Ein Hebel, damit Menschen nicht wie Ware gehandelt werden. Die Bundesregierung will das Gesetz jetzt aufweichen. Sie nennt das Entbürokratisierung. Nat Turner würde es Sünde nennen.
Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach.