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13.09.2021
Slahis Vergebung

„Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.“

Er war 14 Jahre lang in Guantanamo. Ist gefoltert worden. Muhamedou Slahi. Jetzt sitzt er entspannt in seinem Sessel, wirkt in sich ruhend, schaut in die Kamera für eine Videobotschaft an seine Folterer von einst. Er lädt sie ein zum Tee, sagt, sein Haus stehe ihnen offen. Er vergebe ihnen.

Übermenschlich diese Szene. Später sagt er in dieselbe Kamera, dass dies seine Rache sei, ihnen zu vergeben.

Der Journalist John Goetz macht sich auf die Reise, Slahis Folterer zu finden.

Vier bekommt er vor die Kamera. Die einen sagen, er sei ein Al-Kaida Mann und hoch gefährlich, weil schwer manipulativ. Die anderen kommen nur mit Psychopharmaka über die Runden und sind selbstmordgefährdet, übermannt von den Albträumen des nachts. Man spürt ihnen ab, wie ihr Gewissen sie peinigt. Slahis Vergebung: eine schwere Bürde.

Selten wird – zumal in einem Dokumentarfilm – so präzise die Täter- und die Opferperspektive erzählt.

Und es wird verwickelt, wie so oft.

Slahi besticht durch seine Worte vom Weitergehen im Angesicht der Folterer, die im Grunde kleine Kinder seien. Angewiesen auf Trost.

„Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.“

So beten einer im Psalm 23 zu Gott. Ist es das?

Sehr sorgfältig zeichnet der Journalist das Hin und Her der Argumente. Und die Folgen schwersten Unrechts.

Spannend bis zur letzten Minute.

Die Doku „Slahi und seine Folterer“ ist bis morgen nachzuschauen in der ARD-Mediathek.

Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche


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