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27.10.2017
Wenn mein Nachbar singt

Ich bin eigentlich eine sehr verträgliche Nachbarin. Ich beschwere mich fast nie. Außer, wenn die Nachbarn die Musik so laut machen, dass ich keinen klaren Gedanken fassen kann. Oder wenn sie draußen rauchen und der Zigarettengeruch in mein Schlafzimmer zieht. Obwohl ich das wirklich unanständig finde. Und richtig zornig kann ich werden, wenn die WG über mir nachts um drei denkt, es sei nachmittags um drei und durchs Treppenhaus poltert und lacht und palavert, dass mein Kind wach wird.
Eines aber versöhnt mich mit alledem. Das ist, wenn mein Nachbar singt. Vorzugsweise abends. Vorzugsweise allein. Ich höre keine Gitarre, kein Radio dazu. Er, solo. Wie gedankenversunken. Da kommt für mich die Welt in Ordnung, egal, welche schrecklichen Nachrichten ich vorher gehört habe.
Er ist kein Opernsänger, er singt einfach so für sich. Ich höre es nicht präzise genug, um zu sagen, ob das richtige Lieder sind. Ich vermute mal, aber weiß es nicht. Vielleicht singt er auch, wie es ihm gerade in den Sinn kommt. Das hat für mich etwas ungemein Entspannendes.
Ich glaube, dass Musik depressive Gedanken vertreiben kann.
„Musik ist das beste Labsal eines betrübten Menschen.“ So sagte es Martin Luther. Er sang und spielte ja auch Laute und textete für die Gemeinde. Musik als Heilmittel und als Glaubensmittel.
Wenn mein Nachbar singt, atmet mein Herz auf.
So böse kann die Welt nicht sein.
Findet Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche


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