Landesbischof Friedrich Kramer

Predigten, Reden, Statements


07.10.2022
Grußwort zum 75. Jubiläum des Deutschen Nationalkomitees des Lutherisches Weltbundes

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Bodo Ramelow,

sehr geehrter Herr Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz, lieber Bruder Dr. Gerhard Feige,

sehr geehrter Herr Vorsitzender des Deutschen Nationalkomitees, lieber Dr. Frank Otfried July,

sehr geehrte Frau Landesbischöfin, liebe Kristina Kühnbaum-Schmidt, liebe Kristina,

sehr geehrte Frau Generalsekretärin des LWB, liebe Schwester Dr. Anne Burghardt,

sehr geehrter Herr OKR Norbert Denecke,

liebe Geschwister im Herrn,

herzlich Willkommen in Eisenach, wo wir in diesem Jahr 500 Jahre Bibelübersetzung durch Martin Luther und 75 Jahre Gründung des Lutherischen Weltbundes und des Deutschen Nationalkomitees feiern. Wundervoll, dass Sie zu diesem Anlass hierhergekommen sind.

Als Martin Luther im Winter 1521 zu 1522 auf der Wartburg das Neue Testament übersetzte, musste er sich dabei manches Mal arg quälen, wie er eindrucksvoll beschreibt: „Unterdessen werde ich die Bibel übersetzen, obwohl ich damit eine Last auf mich genommen habe, die über meine Kräfte geht. Ich sehe jetzt, was übersetzen heißt und warum es bisher von niemandem in Angriff genommen worden ist, der seinen Namen dabei bekannte“, schreibt er am 13.01.1522 an seinen Freund Nikolaus von Amsdorf. Damals konnte noch niemand ahnen, wie weltverändernd diese Übersetzung sein würde. Wir haben vor wenigen Tagen die Festwoche „Kraft der Worte – 500 Jahre Bibelübersetzung“ mit einem festlichen Gottesdienst auf dem Marktplatz beschlossen.

Welch großartige Übersetzungsleistung, die bis heute prägend und anregend ist. So kann ich Gottes Wort verstehen. Übersetzen ist immer nötig, damit mein Gegenüber mich verstehen kann. Damit ich nicht ins Leere spreche. Damit wir voneinander und miteinander lernen können. Das ist heute nicht anders als vor 500 Jahren.

Das Deutsche Nationalkomitee des Lutherischen Weltbundes ist ein solcher Übersetzer ganz im Sinne Luthers. Wir als Evangelische Kirche in Mitteldeutschland gratulieren uns und allen, die dabei sind, deshalb dazu, dass es Sie gibt! Als unser Fenster zur lutherischen Welt. Als Erklärer, Vermittler und Experte für Verständnis über kulturelle Grenzen hinweg. Als Spezialist für die weltweite lutherische Theologie und deren feine Unterschiede und als Brückenbauer im ökumenischen Gespräch über alte Kriegsgräben hinweg.

Während der Lutherdekade und zum Reformationsjubiläum 2017 ist das besonders deutlich geworden und hat seinen besonderen Ausdruck im „Luthergarten“ und der Präsenz des LWB in Wittenberg gefunden. Die Angebote für internationale lutherische Gäste, die das DNK seither in Wittenberg aufrechterhält, sind eine Stärkung des wechselseitigen Verstehens in der lutherischen Gemeinschaft und für uns und viele Kirchen in der Welt eine wertvolle Unterstützung, für die wir Ihnen von Herzen dankbar sind. Das mit dem “Luthergarten” und seinen 500 Bäumen in Wittenberg und 500 Bäumen weltweit auch noch das größte und lebendigste Lutherdenkmal und vermutlich Denkmal überhaupt, entstanden ist und fröhlich wächst macht uns stolz und zeigt, wie innovativ, lebendig und ökumenisch die lutherischen Kirchen sind. Immer wenn ich in Erfurt ins Kirchenamt gehe, gehe ich an unserem Partnerbaum vorbei und freue mich an der weltweiten nachhaltigen Verbundenheit.

Wir als Evangelische Kirche in Mitteldeutschland stehen als Kirche mit den meisten originalen Reformationsstätten in der lutherischen Weltfamilie in einer besonderen Verantwortung, die wir ohne die Unterstützung des DNK nicht wahrnehmen könnten. Denn hier in Mitteldeutschland vollziehen sich wie unter einem Brennglas die strukturellen und gesellschaftlichen Veränderungen von Kirche besonders schnell. Die Transformationsprozesse moderner Gesellschaften, die wir als Individualisierung, Pluralisierung und Fragmentierung beschreiben, haben – verbunden mit dem Säkularisierungsdruck totalitärer Gesellschaftsordnungen zweier Diktaturen davor – die Erosion kirchlicher Bindungen in einem Maße beschleunigt, die uns als EKM zwingt, heute besonders innovative Wege auszuprobieren und Neues zu erproben. Menschen ohne traditionelle kirchliche Bindungen den Reichtum des Evangeliums und die Kraft des Wortes Gottes nahezubringen, ist anspruchsvoll, denn die negativen anti-kirchlichen Narrative verstärken und summieren sich, und es braucht die persönliche Ansprache, um Verstehens- und Bedeutungshorizonte des Glaubens, kirchlicher Gebäude und Symbole aufzuschließen und nahezubringen. Auch dies ist eine Übersetzungsleistung, die oft unsere Kräfte übersteigt und bei der uns das DNK unterstützt. Dafür herzlichen Dank!

Im nächsten Jahr trifft sich die lutherische Welt zur 13. Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes unter dem Motto „Ein Leib, ein Geist, eine Hoffnung“ im polnischen Krakau. Die Katastrophen unserer Welt scheinen sich exponentiell zu beschleunigen: die Klimakrise, Hungersnöte, Flüchtlingsströme, Kriege. Es herrscht also ein starkes Bedürfnis nach Orientierung, Guter Botschaft und Hoffnung in unserer Welt. Dass die lutherischen Christen aus aller Welt ausgerechnet in Krakau und damit in unmittelbarer Nähe zu Auschwitz ihre Hoffnungsbotschaft senden wollen, macht uns demütig, zeigt es doch, dass die deutsch-polnische Aussöhnung nicht ohne die fortwährende Beschäftigung mit dem christlich-jüdischen Verhältnis möglich ist. Dass beides ausdrücklich thematisiert werden wird, zeugt davon.

Gott schenke seinen Segen für die nächsten 75 und 500 Jahre. Er schenke Ihnen Ausdauer, Freude, Gelassenheit und Fantasie für die fortwährende Übersetzungsarbeit und für das Bauen an der weltweiten lutherischen Gemeinschaft zum Lobe Gottes.

S.D.G.  


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