PM 158 | 20.11.2024
Synodentagung in Erfurt startet mit Bericht von Landesbischof Kramer

„Menschenverachtende Positionen vertragen sich nicht mit Leitungsämtern“

Mit einem Bericht von Landesbischof Friedrich Kramer hat heute (20. November) die Tagung der Landessynode der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) begonnen. Der Landesbischof warb für eine Kultur des Erbarmens und Verzeihens sowie für Orte der Verständigung und des Austausches. Gleichzeitig begründete er, warum der Ausschluss von Mitgliedern extremistischer Parteien und Organisationen wie zum Beispiel der AfD aus Leitungsämtern in der EKM ein gut begründeter Entschluss ist. Er drängte zudem auf nötige Veränderungen innerhalb der Kirche. Bis zum kommenden Samstag (23. November) sind die 80 Kirchenparlamentarier in Erfurt zusammen.

Das Ergebnis der USA-Präsidentenwahl und das Ende der deutschen Ampelkoalition nennt der Landesbischof „eine deutliche Zäsur, von der wir nur ahnen, was dies für Europa, für die Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine bedeutet und für die Debatten in unserem Land“. Auch die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen führten in neue politische Herausforderungen. Kriege und Gewaltkonflikte hätten laut dem aktuellen Friedensgutachten einen Höchststand erreicht. In der politischen Auseinandersetzung sei der Ton unbarmherzig und brutal. Mit Verweis auf das Bibel-Zitat „Selig sind die Barmherzigen“ ruft der Landesbischof dazu auf, sich an Gottes Wort und seiner Liebe zu orientieren. „Vieles ist ins Wanken geraten, bei vielen wachsen Unsicherheit und Ängste. Diese klar zu benennen und den Sorgen der Menschen zuzuhören, ist unsere Aufgabe. Zugleich ist unser Auftrag, von der Hoffnung und Barmherzigkeit Gottes und der völlig anderen Wirklichkeit Gottes für diese Welt zu zeugen“, so Kramer. „Die Gnadenlosigkeit unserer Lebenswelt braucht eine Kultur des Erbarmens und des Verzeihens.“

Den Beschluss des Landeskirchenrates, wonach Mitglieder der AfD oder von anderen extremistischen Parteien und Organisationen keine Verantwortung in der Kirche übernehmen können, begründete Kramer damit, dass diese Parteien im Widerspruch zur Kirchenverfassung und dem Evangelium stehen. „Menschenverachtende, fremdenfeindliche und antikirchliche Positionen vertragen sich nicht mit der Übernahme eines Amtes im Gemeindekirchenrat oder an einer anderen Leitungsstelle in unserer Kirche“, so Kramer. „Wer sagt, dass alle Fremden abzuschieben sind, weil es Fremde sind, der ist unbarmherzig und steht gegen das Gebot Jesu.“

Genauso klar sei es, dass unterschieden werde zwischen Person und Werk. „Wir werden als Kirche keine Ausgrenzung von Personen, egal welche Positionen und Meinungen sie vertreten, betreiben oder unterstützen. Allen Menschen stehen unsere Kirchentüren offen. Den Positionen aber, wenn sie extremistisch sind, werden wir in aller Deutlichkeit widersprechen.“

Es sei wichtig, Orte der Verständigung und des Austausches zu schaffen, wo alle zu Wort kommen können und in Würde und respektvoll miteinander umgegangen wird. Ein sehr überzeugendes Angebot ist für ihn das bundesweite Projekt #VerständigungsOrte, das nun mit Leben zu füllen sei, beispielsweise zu Themen wie Ukrainekrieg, Corona, Gaza & Israel. „Dabei ist es wichtig, wieder zu lernen, dass Widerspruch nicht das Ende, sondern der Anfang von Meinungsfreiheit ist. Wenn ich widerspreche und auf Argumente antworte, dann ist dies ein Ausdruck von Wertschätzung und Respekt. Demokratische Meinungsvielfalt ist ein Schatz. Wenn wir aber die Meinung des anderen als vollkommene Infragestellung unserer eigenen Meinung sehen und ich mir nur die Vernichtung der feindlichen Meinung vorstellen kann, dann ist die Feindesliebe gefragt, die zu unterscheiden in der Lage ist und dem anderen nicht sein Recht auf Meinung und Leben abspricht“, betonte Kramer.

Er kündigte an, dass in der EKM in den nächsten Jahren Transformationsprozesse, Kürzungen und Umbauten mit zum Teil harten Einschnitten auf allen Ebenen anstehen. „Darin wird es wichtig sein, barmherzig miteinander umzugehen, einander nicht zu überfordern, aber auch nicht unbarmherzig zu bremsen“, so Kramer.

Zum Thema Seelsorge betonte der Landesbischof erneut, dass die EKM wieder mehr eine seelsorgende, besuchende Kirche werden müsse. „Es gilt, die Seelsorge als Muttersprache der Kirche wieder neu zu entdecken und als Grundstruktur des Pfarramtes stark zu machen und damit Resonanz zu erzeugen in unserer Welt“, so Kramer.

Hintergrund:
Die Landessynode besteht aus 80 gewählten und berufenen sowie solchen Mitgliedern, die ihr von Amts wegen angehören. Sie verkörpert die Einheit und Vielfalt der Gemeinden, Kirchenkreise, Dienste, Einrichtungen und Werke im Bereich der Landeskirche. Die Landessynode tritt in der Regel zweimal im Jahr zu mehrtägigen, öffentlichen Sitzungen zusammen.

Hinweis:
Die Landessynode tagt im Großen Saal des Landeskirchenamtes der EKM in Erfurt (Michaelisstraße 39) und ist öffentlich. Einen Live-Stream der Synodentagung gibt es unter www.ekmd.de/synode
Den Ablaufplan sowie sämtliche Unterlagen zu der Synodentagung finden Sie unter:
www.ekmd.de/kirche/landessynode/tagungen/8-tagung-der-iii-landessynode-vom-20-23-november-2024-in-erfurt.html

RÜCKFRAGEN

Friedemann Kahl, 0151-59128575, oder Susanne Sobko, 0162-2048755


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