Das Evangelium in 2.000 Zeichen

Andachten im Gemeindebrief

Oft steht sie auf der ersten Seite: Die Andacht im Gemeindebrief. Doch wird sie auch zuerst gelesen oder zumindest zuletzt? Was erwartet die lesende Gemeinde von einem aktuellen geistlichen Wort?

"Wie das Volk Israel bereits vor über 3 000 Jahren in Ägypten leidvoll, schmerzlich und nachhaltig erfahren hat, ist die Sklaverei eine Missachtung der Menschenwürde und der Freiheit. Davon berichtet auch unserAndachtstext aus Exodus (Kap 3,7.8): ‚DerHerr sprach: Ich habe das Elend meinesVolks in Ägypten gesehen. Und ich bin herniedergefahren, dass ich sie herausführe ...in ein Land, darin Milch und Honig fließt.‘ Unfreiheiten und Abhängigkeiten von armenoder bedrückten Völkern sowie die Sehnsucht nach dem gelobten Land begegnen uns bis heute in der globalen Welt. Die Bootsflüchtlinge sind dafür ein Zeichen."

Mit diesem mächtigen Absatz beginnt eine typische Andacht in einem Gemeindebrief - mit manch typischen Problemen. Einige Punkte sind für eine ansprechende Andacht zu beachten:

Einladender Titel
Dem Bibeltext entsprechend ein Thema wählen samt einem markanten Titel. Etwa "Flucht ins gelobte Land?"

Einfache Absätze
Die Grundgedanken in Sinnabschnitte gliedern. Sichtbare Absätze helfen beim Schreiben und beim Lesen. Auch den Bibeltext deutlich abheben und Bibelstellen ausschreiben.
(2. Mose 3, Verse 7.8)

Einprägsames Bild
Zum Thema vielleicht ein Foto der Bootsflüchtlinge wählen. Auch eine Grafik, ein Symbol, eine Kinderzeichnung können "Hingucker" sein.

Aktueller Anfang
Die ersten Zeilen sollen packen. "Wie das Volk Israel vor über 3.000 Jahren erfahren hat" - das ist weit weg vom Hier und Heute. Lieber aktuell einsteigen. Sprich, die "Sehnsucht nach dem gelobten Land" in unserer Welt gehört nach vorn.

Anregende Sprache
Bildhaft schreiben und beschreiben. Floskeln wie "globale Welt" durch konkrete Aussagen und lebendige Bilder ersetzen. Gefühle erzeugen. Statt schwerfälliger Substantiva mit -heit- und -keit wie "Unfreiheiten und Abhängigkeiten" eher Verben verwenden. Der Einstieg kann dann etwa so klingen:
"Sie sitzen zu Hunderten in einem Boot. Auf der Flucht übers Meer vertrauen sie ihr Leben einer Nussschale an: Flüchtlinge. Ob aus Ägypten oder Tunesien, sie fliehen vor machthungrigen Herrschern und vor der Armut. Sie wollen endlich frei sein und hoffen auf ein neues Leben im gelobten Land."
An den aktuellen Anfang könnte unmittelbar Mose und die biblische Erfahrung anknüpfen.

Klare Aussage
"Sklaverei, Missachtung der Menschenwürde und der Freiheit" beschreibt gleich drei Themen. Die Mitte der Andacht soll jedoch eindeutig erkennbar sein. Ein Grundthema klar ausführen. Etwa der befreiende Gott, die Sehnsucht nach Freiheit damals wie heute in Ägypten.

Knapper Stil
Eine Andacht - gut gegliedert und am besten bebildert - soll auf einer Seite Platz finden, je nach Format des Gemeindebriefs. Weniger ist mehr. Und kürzer geht (fast) immer. Bereits 2.000 Zeichen können die gute Nachricht bestens weitersagen. Kurze Sätze sind hilfreich, Schachtelsätze zu vermeiden. Wiederholungen ebenso streichen wie gehäufte Adjektive "leidvoll, schmerzlich und nachhaltig". Es gilt jeweils, das eine treffende Wort und Bild zu suchen.

Gute Botschaft
Eine aktuelle, ansprechende Andacht spricht in diese Zeit, spricht von Gott in der Welt, vom Heiligen Geist im Zeitgeist. Und von der guten Nachricht trotz alledem. Sie kann erheitern, ermuntern, aber auch ermahnen und ist weder langatmig noch langweilig. Dann wird die Andacht im Gemeindebrief auch gelesen.

10 AnGebote für eine ansprechende Andacht

  • 1. Gott hat dich freigemacht und lässt dich frohgemut sein Wort weitersagen.
  • 2. Du wirst seine ewigen Worte nicht verbrauchen, er schenkt dir stets neue.
  • 3. Sprich wie alle Welt und doch von einer anderen Welt.
  • 4. Schreibe einfach, eindeutig und einladend. Vertraue den eigenen Glaubensbildern.
  • 5. Schreibe alltäglich und ein wenig poetisch. Vertraue den biblischen Sprachbildern.
  • 6. Schreibe aktuell und doch zeitlos. Von der guten Nachricht in den Nachrichten.
  • 7. Schreibe, wie du bist und glaubst. Was du selbst glaubst, können andere dir glauben.
  • 8. Du musst nicht belehren. Du brauchst kein Kirchenlatein.
  • 9. Du musst nicht belesen wirken. Du brauchst keine Zitaterei.
  • 10. Du musst nicht lang (und langweilig) schreiben. Du brauchst viel weniger Worte als du glaubst.
  • Pfarrerin Mechthild Werner

    Die Autorin war bis Anfang 2011 Rundfunkbeauftragte in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) und ist seit Mai 2011 Pfarrerin in der Evangelischen Kirche der Pfalz.

 


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