19.05.2020
Landesbischof Kramer weist Lieberknecht-Kritik zurück

Erfurt (epd). Der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Friedrich Kramer, hat die Kritik der früheren Thüringer Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) am Verhalten der Kirchen in der Corona-Krise entschieden zurückgewiesen.

"Die Seelsorger konnten auf die Rückendeckung der Landeskirche setzen", sagte er am Dienstag in Erfurt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch weiter verlange der Gesundheitsschutz, "dass wir die Regeln einhalten", unterstrich der Leitende Geistliche der EKM.

Im Krisenstab der Landeskirche habe man sich sofort mit denkbaren Schutzmaßnahmen für die Seelsorger befasst. "Schutzkleidung und Tests konnten wir nicht besorgen, was in einzelnen Fällen Besuche in Einrichtungen unmöglich gemacht hat", erklärte Kramer. Gleichzeitig habe es unentwegt Gespräche mit staatlichen Stellen und kurze Drähte zu den Ministerien gegeben. "Dort wurde verstanden, wie wichtig Seelsorge gerade jetzt ist. Beispielsweise gab es daraufhin auch Erleichterungen bei Trauerfeiern", sagte der Bischof.

Die Lockerungen im Corona-Regime weiten aus seiner Sicht den Spielraum für mehr direkte Begegnungen zwischen den Menschen und mit den Seelsorgern aus. Als Landeskirche helfe und ermutige man dabei, weiter mit Ideenreichtum alternative Angebote zu machen, damit Menschen, die zu Hause bleiben wollten, trotzdem am Gemeindeleben teilnehmen könnten. "Ich finde es großartig, wie kreativ Kirchgemeinden und die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden Wege gefunden haben, in dieser Krise bei den Menschen zu sein", unterstrich Kramer.

Lieberknecht hatte moniert, die Kirche habe in der Corona-Krise Hunderttausende Menschen allein gelassen - Kranke, Einsame, Alte, Sterbende. "Es sind 8.000 Menschen an Covid-19 gestorben, aber seit März auch 150.000 Menschen aus anderen Gründen. Wo war da das Wort der Kirchen?", fragte sie im Gespräch mit der Tageszeitung "Die Welt" (Dienstag). Das Schließen der Gotteshäuser wäre nicht zwingend erforderlich gewesen, sagte Lieberknecht. Nach dem Infektionsschutzgesetz hätte es ein Recht für Geistliche auf die Begleitung von Sterbenden gegeben. Dazu hätte sie sich "ein klares Wort der Kirchen gewünscht", so die CDU-Politikerin, die bis 1990 selbst Gemeindepfarrerin war.

Die Kirche melde sich bei Auseinandersetzungen sonst immer zu Wort: "Aber in der Corona-Krise war dazu nur Schweigen. Viele Seelsorger fühlten sich von ihrer Amtskirche im Stich gelassen", meinte sie. Corona-Tests von Seelsorgern hätten aus Lieberknechts Sicht die Ansteckungsgefahr minimiert.

 

"Der Gesundheitsschutz verlangt, dass wir die Regeln einhalten"

Drei Fragen an Friedrich Kramer, Bischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland

epd-Gespräch: Dirk Löhr

Erfurt (epd). Der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, hat die Kritik der früheren Thüringer Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) am Verhalten der Kirche in der Corona-Krise entschieden zurückgewiesen. "Die Seelsorger konnten auf die Rückendeckung der Landeskirche setzen", sagte Kramer am Dienstag in Erfurt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch weiter verlange der Gesundheitsschutz, "dass wir die Regeln einhalten", unterstrich der Leitende Geistliche der EKM.

epd: Thüringens frühere Ministerpräsidentin Lieberknecht hat den Kirchen wegen ihres Verhaltens in der Corona-Krise "Versagen" vorgeworfen. Viele Seelsorger hätten sich von ihrer Amtskirche im Stich gelassen gefühlt. Trifft sie dieser Vorwurf?
Kramer: Diese pauschale Kritik ist unberechtigt und geht an der Realität vorbei. Frau Lieberknecht kritisiert nicht nur die Kirchen, sondern auch pauschal die Einrichtungen, die den Zugang von Seelsorgern erschwert hätten. Bei den einen waren die Türen für die Seelsorge offen, bei anderen gingen sie zu. Viele Seelsorgerinnen und Seelsorger haben sich nicht beirren lassen und darauf gedrängt, bei den Menschen sein zu können - dabei konnten sie auf die Rückendeckung der Landeskirche setzen. Von Anfang an haben wir aufgefordert, die Kirchen zu öffnen, um dort auch für Seelsorge ansprechbar zu sein.
epd: Gab es Überlegungen, Pfarrer auf das Virus testen zu lassen, um so vielleicht eine Sterbebegleitung möglich zu machen? Wie war der Austausch mit der Landesregierung auf dem Höhepunkt der Infektionszahlen?
Kramer: Wir haben uns im Krisenstab sofort mit denkbaren Schutzmaßnahmen für Seelsorger befasst. Schutzkleidung und Tests konnten wir nicht besorgen, was in einzelnen Fällen Besuche in Einrichtungen unmöglich gemacht hat. Gleichzeitig gab es unentwegt Gespräche mit staatlichen Stellen und kurze Drähte zu den Ministerien. Dort wurde verstanden, wie wichtig Seelsorge gerade jetzt ist. Beispielsweise gab es daraufhin auch Erleichterungen bei Trauerfeiern.
epd: Wie nehmen Sie die Reaktionen auf die Lockerungen gerade in Bezug auf die Gottesdienste und die Erlaubnis für Begräbnisse und Hochzeiten wahr?
Kramer: Es gibt ein großes Bewusstsein bei unseren Pfarrerinnen und Pfarrern, dass sie mit Risikogruppen arbeiten. Die Lockerungen weiten den Spielraum für mehr direkte Begegnungen zwischen den Menschen und mit den Seelsorgern. Dennoch verlangt der Gesundheitsschutz, dass wir die Regeln einhalten. Wir setzen als Landeskirche darauf, helfen und ermutigen dabei, weiter mit Ideenreichtum alternative Angebote zu machen, damit Menschen, die zu Hause bleiben wollen, trotzdem am Gemeindeleben teilnehmen können. Ich finde es großartig, wie kreativ Kirchgemeinden und die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden Wege gefunden haben, in dieser Krise bei den Menschen zu sein.

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