19.06.2019
Mitteldeutsche Kooperation gegen Rechtsextremisten | Sachsen und Thüringen verurteilen Hass im Netz und vereinbaren engen Austausch

Altenburg (epd). Sachsen und Thüringen wollen bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus künftig stärker zusammenarbeiten. Das erklärten die Ministerpräsidenten der beiden mitteldeutschen Bundesländer, Michael Kretschmer (CDU) und Bodo Ramelow (Linke), am Dienstag nach einer gemeinsamen Kabinettssitzung im thüringischen Altenburg.

Man habe unter anderem verabredet, die Bekämpfung von Hasskommentaren im Internet als "besonderen Handlungsschwerpunkt der Sicherheitsbehörden zu definieren". Zur Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols gegenüber sogenannten "Reichsbürgern", die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen, wolle man sich eng austauschen.

Unter dem Eindruck der Entwicklungen um den Anfang Juni mutmaßlich von einem Rechtsextremisten ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) bezeichnete Kretschmer rechtsextreme Gewalt als größte Bedrohung für die Demokratie. Umfang und Intensität rechtsextremistischer Taten seien "viel schlimmer, ausgeprägter" als im linksextremistischen Bereich, sagte er.

Kretschmer betonte, die Hintergründe des Falls Lübcke seien noch weitgehend unbekannt. Dennoch sei klar, "dass die Radikalisierung im Internet, diese Hassinformationen, die rechtsextremistischen Konzerte, die 'Reichbürger', eine solche Bedrohung sind für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung", dass der Staat alle Möglichkeiten nutzen müsse, dem entgegenzutreten.

Ramelow kündigte ein entschiedeneres Vorgehen gegen Rechtsrockkonzerte an, wie sie in den vergangenen Jahren mehrfach etwa im thüringischen Themar und im ostsächsischen Ostritz stattgefunden hatten. Dass die Landesregierungen von der Justiz immer wieder ins Stammbuch geschrieben bekämen, auch Veranstaltungen mit Eintrittsgeld seien im Zweifel von der Versammlungsfreiheit gedeckt, "gefällt uns nicht", betonte Ramelow.

Die thüringischen Verwaltungsgerichte hätten bislang in diesem Sinne entschieden, erklärte Ramelow. Er sei jedoch der Meinung, kommerzielle Neonazikonzerte könnten sich nicht auf das Versammlungsrecht berufen. Thüringen bereite sich daher darauf vor, "möglicherweise" einmal eine Klage gegen eine solche Veranstaltung bis vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen, sagte Ramelow.

Weiter wollen sich Sachsen und Thüringen den Angaben zufolge dafür einsetzen, drohende Verluste durch Kürzungen in der kommenden EU-Finanzierungsperiode für die Ost-Länder auf maximal 24 Prozent zu begrenzen. Auch die Kommission zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Ost und West müsse gezielt die ostdeutsche Wirtschaftslage in den Blick nehmen, erklärten die Ministerpräsidenten.

Außerdem wollen sich beide Landesregierungen für eine Verbesserung bei der rechtlichen Stellung ehemaliger DDR-Heimkinder einsetzen. Diese hätten häufig das Problem, dass eine politische Verfolgung zu DDR-Zeiten nicht mehr feststellbar sei. Hier wollen Sachsen und Thüringen demnach durch eine gemeinsame Bundesratsinitiative Erleichterungen erreichen.

Die Kabinette hätten zudem einen Beschluss mit Blick auf das 30-jährigen Jubiläum der friedlichen Revolution in der DDR diesen Herbst gefasst. Darin werde "der Mut und die Zivilcourage jener Menschen gewürdigt, die die friedliche Revolution getragen haben", erklärten die beiden Freistaaten.

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