30.04.2021
Sachsen-Anhalt hat jetzt eine Antisemitismus-Meldestelle

Halle (epd). In Sachsen-Anhalt hat eine Meldestelle für antisemitische Vorfälle ihre Arbeit aufgenommen. 

Betroffene, Zeugen und andere Akteure können dort online, per Telefon oder E-Mail Meldungen abgeben. Ziel der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Sachsen-Anhalt (RIAS) sei es, die Perspektive der Betroffenen stärker öffentlich sichtbar zu machen, erklärte die Diakonie Mitteldeutschland als Trägerin am Donnerstag in Halle (Saale).

Die Stelle hat ihren Sitz in Halle, die zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind aber für das gesamte Bundesland zuständig und sollen viel unterwegs sein, um sich zu vernetzen. Sie sammeln und dokumentieren alle Meldungen unabhängig von ihrer strafrechtlichen Relevanz. Die Daten sollen in Jahresberichten veröffentlicht werden.

Das Land Sachsen-Anhalt wird die Stelle den Angaben nach langfristig finanziell unterstützen. Beschlossen wurde ihre Einrichtung im Rahmen eines Landesprogramms im Oktober 2020, aufgebaut wurde sie bereits seit Januar. Ähnliche regionale Stellen unter dem Dach des RIAS-Bundesverbands gibt es den Angaben nach bereits in Berlin, Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, Thüringen und Schleswig-Holstein.

Sachsen-Anhalt wolle eine zivilgesellschaftliche Institution, die die Beobachtungen der Sicherheitsbehörden ergänzt, erklärte der Ansprechpartner für jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt und gegen Antisemitismus, Wolfgang Schneiß. "Wir müssen dazu beitragen, dass wir dem ganzen Bild des Antisemitismus in Deutschland und Sachsen-Anhalt näherkommen", betonte er und sprach von einer "gewollten Parteilichkeit" des Portals im Sinne der Betroffenen. Zudem gehe es "um Sichtbarkeit von Vorfällen, die im Dunkeln liegen", um Hilfe für Betroffene und darum, "bessere Möglichkeiten für Prävention und Bekämpfung" von Antisemitismus aufzuzeigen.

Der Vorstandsvorsitzende der Diakonie Mitteldeutschland, Christoph Stolte, erklärte, das Engagement des evangelischen Sozialträgers für die Meldestelle entspreche dessen Selbstverständnis. Die Diakonie trete für alle Menschen ein, die von Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt betroffen seien, betonte Stolte. Jeder Mensch müsse gleichberechtigt anerkannt und "ohne jegliche Form von Angst" leben können. Der Schutz der "jüdischen Geschwister" sei der Diakonie daher "ein ganz besonderes Anliegen".

"Antisemitismus ist eine Krankheit", erklärte der Vorsitzende des Landesverbands Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalt, Max Privorozki. Die jüdische Gemeinschaft erhoffe sich von der Meldestelle daher eine "gute Diagnostik". Anschläge wie jener auf die Jüdische Gemeinde Halle am 9. Oktober 2019 seien nur die Spitze des Eisbergs, betonte Privorozki. Es gebe "sehr viele kleinere, fast unsichtbare antisemitische Vorfälle, die kaum bekannt werden". Er erwarte daher, dass aus den Daten, die die RIAS-Stelle sammle, auch in Sachsen-Anhalt Schlussfolgerungen gezogen werden.

RIAS-Mitarbeiter Rapha Hoffmann erklärte, Antisemitismus finde in einem bestimmten gesellschaftlichen Klima statt. Daher sei es wichtig, "überhaupt hinzugucken und ein Gespür zu vermitteln mit empirischen Daten", betonte er. Hauptarbeit sei es, "die Betroffenenperspektive öffentlich wahrnehmbar zu machen".

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