29.05.2020
Überreste einer Kirche bei Ausgrabungen in Halle entdeckt

Halle (epd). Bei archäologischen Ausgrabungen im Botanischen Garten der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) sind die Überreste einer Kirche entdeckt worden.

Es handele sich um Spuren der Kirche des 1116 gegründeten Augustinerchorherrenstifts Neuwerk, wie das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt am Donnerstag in Halle mitteilte. Das Kloster Neuwerk sei bis zu seinem Niedergang in der Reformationszeit das mächtigste Kloster im Süden des Erzbistums Magdeburg gewesen.

Der genaue Standort der Klosterkirche war in Vergessenheit geraten, nachdem Kardinal Albrecht 1529 im Zusammenhang mit der Gründung des "Neuen Stifts" das Kloster Neuwerk geschlossen und den Abriss verfügt hatte. Die Lage war bislang näher an der Saale vermutet worden, so das Landesamt. Nun wurden einzelne Steine eines Fundamentes gefunden und die südliche Seitenapsis und die Hauptapsis des großen Kirchenbaus freigelegt. Die archäologischen Untersuchungen fanden auf einem etwa 400 Quadratmeter großen Areal statt, auf dem das Herbarium des Botanischen Gartens neu gebaut werden soll. Die entdeckten Besiedlungsspuren dort reichen bis in die späte Bronzezeit zurück.

Das Augustinerstift habe eine große landes- und kirchengeschichtliche Bedeutung, hieß es. Vermutlich seien es Augustinerchorherren aus dem damals zur Diözese Passau gehörigen Kloster Reichersberg gewesen, die sich auf dem Bergsporn oberhalb der Saale niederließen. Zur Kirchenweihe 1124 wurden dem Kloster die Reliquien des Heiligen Alexander übertragen. Es müsse spätestens zu diesem Zeitpunkt baulich wie liturgisch etabliert gewesen sein, teilte das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie mit. Bereits 1121 war das Stift mit privilegierten Markt- und Zollrechten ausgestattet und besaß umfangreichen Besitz an Land, Mühlen und Pfarrrechten. In der Reformationszeit wurde das Kloster Neuwerk um 1530 aufgelöst.

Zur Kirche selbst ist den Angaben zufolge nur sehr wenig überliefert. Eine Siegeldarstellung zeigt eine viertürmige romanische Kirche mit Portal und rundbogigen Fenstern. Zudem wurden bei den archäologischen Arbeiten östlich der Hauptapsis der Klosterkirche 117 Gräber von Männern, Frauen und Kindern aus dem Hoch- und Spätmittelalter freigelegt. Ein Kindergrab enthielt ein zusammengefaltetes Bleitäfelchen mit Inschrift. Nach mittelalterlichem Volksglauben besaß Blei magisch heilende Kräfte, christliche Beschwörungstexte sollten Unheil abwehren.

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