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06.04.2024
Beim Namen genannt

Vergangenen Sonntag habe ich einen guten Freund besucht.
Uns verbindet eine Jahrzehnte lange Freundschaft.
Vor einem Jahr hatten wir uns das letzte Mal gesehen.
Vier Stunden haben wir damals zusammengesessen und miteinander gearbeitet.
Wir hatten gemeinsam einen Vortrag für eine große Tagung vorbereitet, den ich halten sollte.
Er war hellwach, präsent und präzise in seinen Gedanken.
Aber schon damals war er gekennzeichnet von seiner Krankheit.
Kurz darauf schlug seine Krankheit in aller Härte zu.
Bald konnte er nicht mehr allein wohnen.
Als ich mich jetzt bei seinen Kindern meldete wegen des Besuches, sagten sie mir, ich solle nicht enttäuscht sein, wenn er mich nicht mehr erkennt.
Das käme jetzt öfter vor.
Auf der Fahrt zu ihm stellte ich mich innerlich darauf ein.
Ich habe das in meinem Pfarrerleben oft erlebt bei Besuchen in Seniorenheimen.
Aber ich merkte auch, dieser Besuch hier ist etwas anders.
Uns verband immer ein intensives Gespräch.
Ein wenig Angst kam in mir hoch.
Ich kam bei ihm an.
Er saß am Tisch bei einer Tasse Kaffee, schaute hoch und sagte:
„Renate, o wie schön, dass du mich besuchst.“
Mir kamen vor Freude die Tränen.
Ich umarmte ihn und wir sprachen fast eine halbe Stunde miteinander.
Dann wollte er schlafen.
Unser Gespräch hatte ihn angestrengt.
Dieser Besuch war für mich ein großes Geschenk.
Der Freund hat mich erkannt, mich bei meinem Namen genannt.

Es tut gut, beim Namen genannt zu werden.

Meint

Pfarrerin Renate Höppner aus Magdeburg


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