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16.01.2020
Regeln

Ein Freund liegt im Krankenhaus.

Ich besuche ihn.

An der Tür zur Station steht:

Besuche zwischen 15.00 und 19.00 Uhr.

Vor der Tür steht eine ältere Dame. Es ist 14.50 Uhr.

Schwungvoll öffne ich Tür und halte sie der Dame auf.

„Aber es ist noch nicht 15.00 Uhr“, sagt sie zögerlich und ein wenig furchtsam.

„Wir leben in einem freien Land“, sage ich und sie folgt mir zurückhaltend.

Ich bin ein großer Freund von Regeln und habe volles Verständnis für geordnete Besuche am Krankenbett.

Zugleich lasse ich mich ungern auf diese Weise einschränken. Ich halte es für vertretbar, schon um 10 Minuten vor 3 meinen Freund zu besuchen.

Die Regeln sind für den Menschen da und nicht der Mensch für die Regeln, heißt es in der Bibel.

Das verstehe ich gut. Das klingt nach Freiheit.

Aber: Mit der Freiheit steigt die Verantwortung.

Regeln schaffen Sicherheit: Man hält sich daran und gut.

Wer Regeln ausweitet, muss auch die Verantwortung dafür übernehmen.

Wäre ich noch in eine Behandlung 10 Minuten vor der Besuchszeit geraten und hätte sie vielleicht sogar gestört: Das hätte ich dann zu verantworten gehabt.

Freiheit ohne Verantwortung gibt es nicht.

Regeln sind dann gut, wenn sie nützlich für die Menschen sind.

Im Zweifel ist mir die Freiheit wichtiger.

Ganz frei grüßt aus Dessau

Joachim Liebig


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