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14.08.2019
Scham

„Schäm Dich!“

Ja – das haben meine Eltern zu mir gesagt. In meiner Klasse war ein Junge mit Kinderlähmung. Über den hatte ich mich lustig gemacht.

„Schäm Dich!“, sagte meine Mutter, und ich weiß es bis heute.

Schäm Dich! Das würde ich gern den Handyfilmern an Unfallstellen zurufen.

Schäm Dich! Sollen die Leute hören, die Feuerwehrleute, Polizisten und Rettungskräfte beschimpfen.

Schämt Euch! Sollte jemand der Gruppe Jugendlicher ins Gesicht sagen, die am Sonntagabend im Zug einen Soldaten in Uniform beleidigen.

Gibt es keine Scham mehr?

Wer sich schämt, glaubt an Regeln, die für alle gelten.

Der Junge mit Behinderung in meiner Klasse war körperlich schwach. Schwache werden nicht ausgelacht, so die Regel. Wer sie verletzt, muss sich schämen.

Im Internet und ganz offen auf der Straße pöbeln Menschen andere an.

Regeln gelten nicht mehr.

Was Du nichts willst, das man Dir tu, das füg auch keinem Andren zu.

Schon in der Bibel steht diese einfache Regel für ein geordnetes Miteinander.

Was sagen denn die Gaffer, wenn sie selbst als Unfallopfer im Internet erscheinen?

Wie fühlen sich die Pöbler, wenn sie selbst beleidigt werden?

Man muss nicht einmal Christ sein, um den Sinn dieser goldenen Regel zu begreifen.

Willst Du nicht angeschnauzt werden? Schnauz andere nicht an.

Du willst, dass Dir ordentlich geholfen wird? Helfe ordentlich.

Du willst, dass man Dich sieht? Sieh andere an.

Wäre ein Anfang.

Findet …

aus Dessau

Joachim Liebig


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