Thomas erzählt mir von seiner letzten Familienfeier. Er hatte vorher noch überlegt, ob er überhaupt hingeht. Seine Schwägerin und noch einige ticken politisch völlig anders als er, und es könnte wieder Streit geben. Auf der anderen Seite, meint er, sei es ja genau das Falsche, den Kontakt zu meiden. „Wir müssen im Gespräch bleiben,“ meint Thomas. Also sei er doch zur Feier gegangen. Aber natürlich gab´s dann wieder so einen blöden Moment:

Er hatte Fotos von seiner Reise im Frühjahr nach Thailand gezeigt. Nicht nur von Kultur und Natur war er noch völlig überwältigt, sondern vor allem von der großen Herzlichkeit der Menschen. Er erzählte von Kasem, bei dem er für ein paar Nächte ein Zimmer gemietet hatte. Der half Thomas sogar mit Bargeld aus, als seine Kreditkarte plötzlich verloren gegangen war.

Als Thomas auf der Familienfeier auch ein Foto von Kasem zeigte, passierte es: Seine Schwägerin so: „Ist das ´n Schwarzer, oder was?“ Mit so einem abfälligen Unterton! Thomas hielt kurz die Luft an. „Ruhig bleiben. Ruhig bleiben.“ befahl er sich. Und erzählte dann einfach von Kasem. Wie sehr er ihm geholfen habe, wie viele tolle Menschen er kennengelernt habe auf seiner Reise. Seine Schwägerin wurde still.

Thomas und ich unterhalten uns noch lange. Wie wir einstehen können und wo wir einstehen müssen für christliche und demokratische Werte, wann Diskussionen wiederum einfach sinnlos sind oder man manchmal auch keine Kraft dazu hat. Weil es so anstrengend ist.

Aber: Nein. Eine andere Option als Widerspruch gibt es nicht. Wir wollen uns doch später nicht selber vorwerfen müssen, wir hätten geschwiegen.

Meint Pfarrerin Christina Lang, Ev. Kirchengemeinde Naumburg