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07.07.2020
Berührt werden ist heilsam

Sie sitzt auf ihrem Stuhl im Gemeinschaftsraum und wartet – auf den Rollator gestützt. Das Frühstück ist abgeräumt. Die nette Frau, die sonst immer Lieder mit ihnen singt, kommt heute wieder nicht. Es ist ruhig auf Station.
Die Pflegerinnen sehen völlig fremd aus – so in voller Montur, mit einer durchsichtigen Plastikscheibe vor dem Gesicht.
Sie weiß schon, dass das wegen der Viren ist, und dass man vorsichtig sein soll und viel Hände waschen.
Aber es fühlt sich fremd an. Ihre Kinder und Enkel waren zweimal schon da. Aber nur kurz. Mehr soll nicht. Wegen der Viren. Sonst nur per WhatsApp- Video. Wenigstens Hallo sagen und kurz sehen.
Ansonsten ist sie alleine. Sehr alleine. Der Fernseher läuft, den Ton versteht sie nicht.
Wie aussätzig fühlt sie sich.
Wie lange soll das so gehen? Und wer soll das verstehen?
Sie ist sehr still geworden, denkt lange nach, den Kopf gesenkt.
Sie wartet auf den Tag, an dem die Pflegerinnen endlich wieder die Gummihandschuhe ausziehen dürfen. An dem Schwester Brigitte sie wieder in den Arm nimmt. Und erst recht die Kinder. Und sie den Enkeln endlich wieder Bücher vorlesen kann. Und sie wieder singen. Die Volkslieder rauf und runter.
Einmal kommt einer zu Jesus – der hat krankhaften Ausschlag. Ein Aussätziger. Er fleht Jesus an: Heile mich. Jesus rührt ihn an. Da weicht der Aussatz. Der Mann gesundet in der Minute.
Lasst uns heute gucken, was wir einander tun können, damit sich niemand aussätzig fühlt.
Ulrike Greim, Weimar


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