03.08.2022
Blind vom Fünfer
Und dann stehen wir sogar ganz oben am Sprungturm. Fünf Meter. Christian und ich.
Zum ersten Mal sind wir im neuen Freibad in Sömmerda. Mit einer kleinen Gruppe von der Diakonie.
Christian ist blind. Unten wartet noch Reinhard; er sitzt im Rollstuhl. Beide arbeiten in den Werkstätten der Stiftung Finneck in Sömmerda.
Schon letzten Herbst hatte die Stadt die Diakonie eingeladen. Einige durften kommen und beraten bei der Einrichtung des neuen Schwimmbads. Was braucht es noch für Leute mit speziellen Bedürfnissen?
Reinhard gefallen die hohen Beckenränder auf Rollihöhe. „Von da kann ich mich reinfallen lassen wie ein Walross.“
Und wie findet man als Blinder sein Schließfach? Christian hatte Schwierigkeiten; er bat darum, dass die Nummern ein bisschen tiefer eingefräst werden, damit er sie fühlen kann. Jetzt freut er sich:
„Sie haben das echt gemacht, was ich vorgeschlagen habe.“
Zusätzlich gibt es eine App, mit der bekommen Blinde genaue Positionsansagen auf das Handy.
Reinhard ist angetan: „Hier hat sich wer Gedanken gemacht. Selbst wenn nicht alles perfekt ist. Es gibt einem schon Würde, wenn man merkt, die haben dran gedacht.“
Vertrauen wächst, wo man spürt: Hier bin ich gewollt. Die lassen sich auf mich ein. Da geht es sogar rauf auf den Sprungturm. Fünf Meter. Langsam tastet sich Christian am Geländer vor bis zum Rand. Noch einen halben Meter, sage ich ihm. Christian springt. Und ich hinterher.
Dankbar für unser gemeinsames Bad. Gregor Heidbrink, evangelisch aus Apolda.
