Augenblick mal, MDR, Radio, Radio-Andacht, Radio-Andachten, Radioandacht, Radioandachten,

29.01.2019
Blütenweißes Tempo

Vor 90 Jahren wurde das Tempo-Taschentuch als Patent angemeldet. Es hat also Geburtstag.

Na, Gesundheit, gnädige Frau – darf ich ihnen ein Tuch reichen?

Das war eine Erfolgsgeschichte. Kein Stoff mehr, dafür einigermaßen stabiler Zellstoff. Für die Viren. Und die Tränen.

Na, wird schon wieder, kleines Fräulein!

Unersetzlich bei allen Allergikern. Und allen Zugluft-Kandidatinnen. 

Ein Taschentuch ist überall dabei. Fast alle haben es einstecken. Kann mir gerade jemand mal eines leihen? Ich muss gleich... Aber sicher. Danke. Gerne.

Und ganz unentbehrlich auf den Autobahn-Toiletten und in der freien Natur.

Dieses Ding ist einfach wichtig. 

Egal, welchen Namen es trägt. Es ist ein Tempo. Name wurde Gattung.

Erfunden in einer Zeit des rasanten Wachstums. 20er Jahre. Alles sollte schnell gehen – auch das Naseputzen. Also: Mach Tempo, Genosse!

Die Erfinder und Produzenten waren Juden. Sie emigrierten, wurden faktisch enteignet. Der Quelle-Gründer Gustav Schickedanz erwarb ihre Aktienanteile und profitierte. Na hoppla. Aber die Geschichte geht schräg lächelnd darüber hinweg.

Taschentücher haben Konjunktur. Geweint wird immer, geschnupft auch. Und alles andere sowieso. Der Absatz steigt rasant in schwindelerregende Höhen.

Und damit der Verbrauch von Wald. Von Holz fürs schöne weiche Weiß.

So blütenweiß, wie ein Tempo, ist seine Geschichte also nicht.

Gut ist, dass wenigstens mit dem Produkt auch das Mitgefühl beworben wird.

Deswegen wünsche ich ihnen für heute, dass auch Sie jemandes Tränen trocknen dürfen!

Herzlich: Ulrike Greim aus Weimar


Bleiben Sie mit unseren Newslettern auf dem Laufenden.

Hier Abonnieren

Die besten News per E-Mail - 1x pro Monat - Jederzeit kündbar