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08.11.2023
Chagall im Kunsthaus Apolda

Auf den Bildern von Marc Chagall sind Dinge möglich, die kommen normal nicht vor. Häuser mit dem Dach nach unten. Ihr Fundament ist im Himmel. Ein lächelnder Esel neben dem Gekreuzigten. Ein großer Fisch schwebt durch den Himmel. Bestimmend oft: die Farbe blau. Sie ist Nacht, und sie ist Hoffnung. Dazwischen Motive aus den Lebensstationen von Marc Chagall: die ärmlichen Hütten der jüdischen Siedlung in Witebsk, heute Belarus. Dort ist Chagall groß geworden. Und ganz viel Paris. Brücken. Der Eiffel-Turm, Notre-Dame.
Paris war die Stadt seiner Träume, als er im Exil war. Den Nazis entronnen träumt Chagall sich dorthin, und kehrt nach dem Krieg wieder zurück, flaniert in der Nacht an der Seine entlang, jetzt träumend mit offenen Augen. Seinen Traum lebend. Malend.
Darum ist so viel auf seinen Bildern möglich – weil im Traum alles möglich ist.
Ich gehe durch das Kunsthaus in Apolda und schaue mir die Bilder von Chagall an, gehe von Raum zu Raum und staune. Das lange Leben. Die schwierigen Zeiten. Und die ungebrochene Hoffnung. Die scheinbare Naivität. Scheinbar, weil es um eine ernste Wahl geht, vor die die Welt uns stellt: entweder zynisch zu werden – oder zu versuchen, irgendwie unsere Kindlichkeit zurückzuholen. Ein Traum von Geborgenheit in etwas Höherem. Oder wie die Bibel sagt: Einmal werden wir alle sein wie Träumende. Mit offenen Augen sehen, dass alles gut geworden ist. Ach, dass es für uns alle den Ort gäbe, für den wir wirklich geschaffen sind! Wo ich so hingehöre, wie eben Chagall nach Paris.
Gregor Heidbrink, evangelisch aus Apolda


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