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08.04.2019
Den dunklen Seiten begegnen

Behutsam verteilen kleine Hände Sand auf der großen Fläche, arrangieren Buchsbaumzweige, streuen Gänseblümchen. Die Zunge balanciert mit, wenn Holzklötze aufgebaut und Steine geschichtet werden. Mit den vier-  bis sechsjährigen Kindern meiner Vorschulgruppe baue ich im Kirchenraum einen Ostergarten auf. Auf einem großen Tisch wird alles dargestellt, was zu Ostern gehört. Angefangen mit dem Jerusalemer Stadttor aus Holzklötzchen. Da zieht Jesus durch, auf einem Esel, und wird freudig begrüßt. Holzkegel stellen die Menschen dar.

Eine Mutter nimmt mich beiseite. „Aber nicht Karfreitag, gell?“, flüstert sie. „Das müssen die Kinder nicht machen! Das ist zu grausam.“

„Und was soll ich dann zu Ostern sagen? Zum leeren Grab?“, flüstere ich zurück. Während ich nach Worten suche, naht Rettung. Jonas kommt und hält mir zwei Hölzchen unter die Nase, die er mit Bindfaden zusammengeknotet hat. „Hier, das Kreuz. Da ist der Jesus dran gestorben. Und Leah baut das Grab. Guck mal!“ Leah hat schon einen Haufen aus Kieselsteinen geschichtet. Ein großer kommt davor, als Tür.

Die Mutter und ich wechseln Blicke. Manchmal sind große Erklärungen gar nicht nötig.  So auch im Umgang mit den dunklen Seiten des Lebens. Also auch dem Tod. Kinder finden ihren Zugang dazu. Sie kriegen das hin. Manchmal besser als wir Großen. So bauen wir also unseren Ostergarten fertig. Mit allem, was dazugehört. Denn beides ist Ostern. Tod und neues Leben.


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