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13.03.2021
Es wird keinen zuhause halten

„Ich habe eine Liste mit allen Chormitgliedern, und die telefoniere ich durch.“ Jörg Reddin ist Kantor mit Leib und Seele an der Bachkirche Arnstadt. Die viele freie Zeit nutzt er zum Orgelüben, Noten studieren und zum Beispiel zum Telefonieren. Immer mal wieder einer. Kein Gespräch dauert unter 20 Minuten, sagt er. Er sorgt sich um seine Leute. Rund 70 Menschen aus dem Bachchor, dem Kantatenchor und dem Seniorenchor. Der Bedarf ist hoch. Aber er merkt, dass dies ja auch Chorarbeit ist. Kontaktarbeit. Sich mitkriegen, reden, umeinander wissen. Jörg Reddin sagt: Wir holen jetzt nach, was zum gemeinsamen Musizieren wichtig ist: der persönliche Zusammenhalt. Wir nehmen uns sonst zu wenig Zeit für Gemeinschaft.

Klar – wenn man nur zwei Stunden in der Woche hat, will man auch was schaffen. Aber jetzt weiß ich: Ich bin eben auch Seelsorger.

Jeden Montag zur Chorprobenzeit verschickt er eine Mail – mit nützlichen Links, mit Noten und Hördateien zum Proben, und eben auch mit ein paar Sätzen zu den Inhalten der Stücke. Gerade zu „Mirjams Siegesgesang“ von Franz Schubert. Zum Beispiel die Passage, in der das Volk einen Trauergesang für den Pharao anstimmt, obwohl der das Volk ja unterdrückt hat. So ist Glauben eben auch. Da passiert was, das verwandelt sich was.

Klar weiß er, dass es auch bald kippen kann, wenn es so weitergehen sollte. Dass Leute dann rausfallen und nicht mehr wiederkommen. Aber jetzt denkt er: Es wird einmal vorbei sein. Vielleicht geht es ab Sommer aufwärts. Und dann es wird keinen mehr zuhause halten. Alle werden kommen. Adrenalin, Endorphine pur. Sie werden über sich hinauswachsen.

Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche


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