Gewissen ist anstrengend
128 Euro kostet ein Ticket von Erfurt nach Kreta. Schnäppchen! Mittelmeer, Wellen und Strand, gutes Essen. Klingt super! Abschalten, Runterkommen.
Malerisch sehen die Bilder aus. Touristenressorts werben um Kunden. Z.B. in Rethymnon an der Nordküste. Mag ich aber gerade da wirklich hin? Nun, ich kann wohl kaum entspannt dort spazieren gehen, weil ich Radio gehört habe und nun weiß, dass wenige Meter weiter Menschen kaserniert leben unter erbärmlichsten Bedingungen.
Am Rande der Schnellstraße ist eine Lagerhalle umgebaut, berichtet der Korrespondent. 170 Flüchtlinge schlafen auf Decken oder Kartons auf dem Betonboden. Einer von ihnen, Sam, sagt: „Ich akzeptiere alles, ich bin froh, hier zu sein.“ Er wartet, dass etwas passiert. Doch die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die hier Essen und Kleidung organisieren, die wissen: Das kann dauern. So lange müssen die Geflüchteten hier in dieser Halle bleiben, bei aller Hitze. Ausgang nur zum Essen oder wenn man aufs Klo muss.
Die Handys sind ihnen abgenommen worden. „Wir wollen aber mit unseren Familien sprechen, sagen, dass wir noch leben,“ sagen sie.
Urlauber sehen das Elend und sind entsetzt. Helfen können sie nicht. Ein Konflikt.
Immer mehr Boote kommen auf Kreta an, weil andere Routen als aussichtlos gelten. Hoteliers befürchten, dass Urlauber wegbleiben. Wer will sich schon mit seinem Gewissen auseinandersetzen im Urlaub.
Sam kommt aus dem Sudan. Er geht nicht zurück in den Krieg. Er will in die Schweiz und studieren. Er sagt: „Wer vor dem Krieg flieht, lässt sich auch von härteren Gesetzen nicht abhalten.“ Möge seine Hoffnung gewinnen.
Ulrike Greim, Erfurt, Evangelische Kirche