Musiziert!
Es ist diese eine Szene beim Brand von Notre Dame, damals in Paris. Tausende Menschen haben vor der brennenden Kathedrale gestanden, mit weit geöffneten Augen, unter Schock und haben geschaut, teils stundenlang. Eine hat angefangen zu singen: Ave Maria. Den Text vom Handy abgelesen. Andere haben mitgesungen oder gesummt. Einer hat die Posaune rausgeholt und mitgespielt – na, gut, das war ziemlich schief, er hat es dann sein lassen, aber es hatte niemanden gestört, weil alle dankbar waren, dass da etwas war. Etwas, wo man mitmachen konnte. Eine Sprache jenseits der Worte. Einige Kameras haben mitgefilmt.
Musik kann das.
Immer wieder gibt es das. Dass Menschen singen, wo es besonders kniffelig ist. Oder dankbar sind, wenn jemand ein Instrument spielt – mitten im Elend.
Wie Aeham Ahmad, der als palästinensischer Flüchtling in Syrien schwere Bombenangriffe erlebt hat und auf den Straßen in den Trümmern mit Kindern gesungen hat. Er am Klavier, das stand auf einem kleinen Anhänger, die Kinder rundherum. Er hat Lieder von Hoffnung gesungen, als sie nicht einmal genügend Wasser hatten – in Jarmuk, einem Stadtteil von Damaskus.
Oder wir als Familie, als unser Vater im Sterben lag und wir kaum einen Ton herausbekommen haben. Und es war gut, wenigstens ein bisschen zu singen.
Es braucht nicht viel, um Menschen zusammenzubringen: ein offenes Herz und ein paar Töne. Die Musik ist eine Heilerin.
Ulrike Greim, Erfurt, Evangelische Kirche.